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Innergemeinschaftliches Verbringen

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Innergemeinschaftliches Verbringen

Um eine Besteuerung von Güterbewegungen im Bestimmungsland durchführen zu können, sind die Grundsätze der innergemeinschaftlichen Lieferungen und der innergemeinschaftlichen Erwerbe auch in den Fällen entsprechend anzuwenden, in denen kein Rechtsträgerwechsel an einem Gegenstand erfolgt, sondern der Gegenstand zur eigenen Verfügung des Unternehmers von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt. Diese Vorgänge werden als innergemeinschaftliches Verbringen bezeichnet und den innergemeinschaftlichen Lieferungen und innergemeinschaftlichen Erwerben gleichgestellt. 
Innerhalb eines Mitgliedstaates stellt ein solches Verbringen einen nicht steuerbaren Innenumsatz dar.

Merke: Jeder Grenzübertritt muss umsatzsteuerlich gewürdigt werden

Beispiel

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Unternehmer U unterhält ein Einrichtungsgeschäft in Ulm. Eine Zweigniederlassung wird in Nancy (Frankreich) unterhalten. U verbringt Ware vom Haupthaus in Ulm in die Zweigniederlassung nach Nancy, um sie dort abzuverkaufen.

Es erfolgt kein Rechtsträgerwechsel an der Ware, Unternehmer U verbringt die Gegenstände zu seiner eigenen Verfügung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates (Inland) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (Frankreich). Hierbei handelt es sich um ein sog. innergemeinschaftliches Verbringen. Das Verbringen wird im Ursprungsland einer steuerfreien innergemeinschaftliche Lieferung gleichgestellt und im Bestimmungsland dem innergemeinschaftlichen Erwerb.

Innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen, § 1a Abs. 2 UStG

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen (sog. fiktiver Erwerb) nach § 1a Abs. 2 UStG stehen sich nicht zwei unterschiedliche Unternehmer gegenüber. Leistender Unternehmer und Leistungsempfänger sind beim fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb stattdessen identisch. Als fiktiver Erwerb gilt nämlich das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (Ursprungsland) in das Inland (Bestimmungsland) zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung im Rahmen des inländischen Unternehmens, § 1a Abs. 2 S. 1 UStG.

Was für den regulären innergemeinschaftlichen Erwerb gilt, ist auch in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen zu beachten: im Ursprungsland treten spiegelbildlich die Rechtsfolgen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung durch Verbringen ein nach § 6a Abs. 2 UStG in Kapitel Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung durch Verbringen.

Folglich gilt der Unternehmer im Ursprungsland als Lieferer und im Bestimmungsland als Erwerber, § 6a Abs. 2 UStG und § 1a Abs. 2 S. 2 UStG.

Beispiel

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Der Kopiergerätehersteller Fritz Copy mit Sitz in Frankfurt am Main lässt einzelne Kopiergeräte, die er im Frankfurter Raum verkaufen möchte, aus seiner Betriebsstätte bei Paris nach Frankfurt transportieren.

Bei der Beförderung der Kopiergeräte handelt es sich um ein Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens Fritz Copy aus Frankreich (übriges Gemeinschaftsgebiet) nach Deutschland (Inland). In Frankfurt wird das Kopiergerät nicht nur vorübergehend im Rahmen des Unternehmens Fritz Copy verwendet. Zusätzlich gelangt der Kopierer auf Veranlassung des Unternehmers nach Frankfurt. Vor und nach der Beförderung war der Kopierer dem Unternehmensbereich zugeordnet. Insgesamt handelt es sich also um ein innergemeinschaftliches Verbringen nach § 1a Abs. 2 UStG. Fritz Copy gilt damit als Erwerber einer steuerbaren Leistung im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs.

Spiegelbildlich wird das innergemeinschaftliche Verbringen in Frankreich einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt. Einzelheiten folgen!

Tatbestandsmerkmale des § 1a Abs. 2 UStG

Innergemeinschaftliches Verbringen bedeutet, dass ein körperlicher Gegenstand des Unternehmensvermögens auf Veranlassung des Unternehmers zu seiner eigenen Verfügung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Inland gelangt und es sich hierbei nicht nur um eine vorrübergehende Verwendung handelt. Liegt lediglich eine vorübergehende Verwendung im Inland vor, bedeutet das im Umkehrschluss, dass kein innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen vorliegen kann. Um die rechtlichen Konsequenzen des Verbringens sicher beurteilen zu können, ist es von zentraler Bedeutung die Unterschiede zwischen einer nicht nur vorrübergehenden Verwendung und einer nur vorübergehenden Verwendung zu kennen.

Nicht nur vorübergehende Verwendung:

Gem. A. 1a.2 Abs. 5 S. 2 und Abs. 6 UStAE ist diese Voraussetzung immer dann erfüllt, wenn der Gegenstand

  • entweder dem Anlagevermögen zugeführt wird oder
  • als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff verarbeitet oder verbraucht wird oder
  • der Unternehmer den Gegenstand mit der konkreten Absicht in den Bestimmungsmitgliedstaat verbringt, ihn dort (unverändert) an einen noch nicht feststehenden Abnehmer weiterzuliefern. In diesem Fall ist es nicht erforderlich, dass der Unternehmensteil im Bestimmungsmitgliedstaat die abgabenrechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte (vgl. Abschnitt 3a.1 Abs. 3) erfüllt und z.B. nur ein Auslieferungslager im Bestimmungsland unterhalten wird.

Beispiel

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Der französische Unternehmer F aus Nancy unterhält eine Käserei. Wöchentlich befördert F im eigenen LKW Käse nach Karlsruhe, um sie dort auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. Die nicht verkauften Käselaibe nimmt er am selben Tag wieder mit zurück nach Frankreich.

  1. F bewirkt in Bezug auf den verkauften Käse innergemeinschaftliche Erwerbe nach § 1a Abs. 2 UStG in Deutschland.
  2. Daneben tätigt F mit dem Verkauf des Käses in Deutschland steuerbare Lieferungen, da der Ort der Lieferung in Karlsruhe liegt (= Beginn der Beförderung durch die Marktbesucher). WICHTIG: Insbesondere ist der Beginn der Beförderung des Käses nicht in Nancy, da beim Aufbruch des F zum Karlsruher Markt die Abnehmer noch überhaupt nicht feststehen.
  3. Das Verbringen der nicht verkauften Käselaibe ins Inland muss nicht als innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des § 1a Abs. 2 UStG, das Zurückverbringen der nicht verkauften Käselaibe nach Frankreich nicht als innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1a i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG behandelt werden (A. 1a.2 Abs. 6 S. 3 UStAE).

Steht der Abnehmer bei der im übrigen Gemeinschaftsgebiet beginnenden Beförderung oder Versendung bereits fest, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen, sondern eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG vor, die grundsätzlich mit Beginn der Beförderung oder Versendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet als ausgeführt gilt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Hiervon ist auszugehen, wenn der Abnehmer die Ware bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 16. 11. 2016, V R 1/16, BStBl 2017 II S. 1079).

Beispiel

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Der französische Unternehmer F aus Nancy unterhält eine Käserei. Jede Woche besucht er den Wochenmarkt in Karlsruhe. Vor Ort bestellt am 2.4.01 ein Stammkunde einen speziellen Ziegenkäse, welchen F in diesem Moment nicht vorrätig hat. F und der Kunde einigen sich darauf, dass F in der nächsten Woche den Käse aus Frankreich mitbringen wird. Am 9.4.01 macht sich F u.a. mit dem vorbestellten Ziegenkäse auf den Weg nach Karlsruhe.

Da der Abnehmer des vorbestellten Ziegenkäses bereits bei der Abfahrt in Nancy, also zu Beginn der Beförderung, feststeht, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor. F tätigt eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG, der Ort ist mit Beginn der Beförderung in Nancy, § 3 Abs. 6 S. 1 und 2 UStG.

Im Hinblick auf die übrigen Produkte, gilt die Lösung des Beispiels zuvor. 

Ein im Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung nur wahrscheinlicher Abnehmer ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung ist nicht einem zu diesem Zeitpunkt bereits feststehenden Abnehmer gleichzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 20. 10. 2016, V R 31/15, a. a. O.)

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften ist das Verbringen zu einer nur vorübergehenden Verwendung von der Lieferungs- und Erwerbsfiktion ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung ist unter Beachtung von Artikel 17 und 23 MwStSystRL auszulegen. Danach liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor, wenn die Verwendung des Gegenstandes im Bestimmungsmitgliedstaat

  • ihrer Art nach nur vorübergehend ist (A. 1a.2 Abs. 10 und Abs. 11 UStAE) oder
  • befristet ist (A. 1a.2 Abs. 12 und 13 UStAE). 

Eine ihrer Art nach vorübergehender Verwendung liegt in folgenden Fällen gem. A. 1a.2 Abs. 10 UStAE vor:

Nr. 1: Der Unternehmer verwendet den Gegenstand bei einer Werklieferung, die im Bestimmungsmitgliedstaat steuerbar ist. Es ist gleichgültig, ob der Gegenstand Bestandteil der Lieferung wird und im Bestimmungsmitgliedstaat verbleibt oder ob er als Hilfsmittel verwendet wird und später wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt.

Beispiel

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Der französische Bauunternehmer F errichtet in Deutschland ein Hotel. Er verbringt zu diesem Zweck Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Frankreich zurück.

Das Verbringen des Baumaterials und des Baukrans ist kein innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen i.S.d. § 1a Abs. 2 UStG, weil es sich um eine ihrer Art nach vorübergehender Verwendung handelt (A. 1a.2 Abs. 10 Nr. 1 UstAE). Beim Zurückgelangen des Baukrans nach Frankreich liegt im Übrigen auch keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung durch Verbringen Sinne des § 3 Abs. 1a i.Vm. § 6a Abs. 2 UStG vor.

Nr. 2: Der Unternehmer verbringt den Gegenstand im Rahmen oder in unmittelbarem Zusammenhang mit einer sonstigen Leistung in den Bestimmungsmitgliedstaat.

Beispiel

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A. 1a.2 Abs. 10 Nr. 2 UStAE:

  1. Der niederländische Unternehmer N vermietet eine Baumaschine an den deutschen Bauunternehmer B und verbringt die Maschine zu diesem Zweck nach Deutschland
  2. Der französische Gärtner F führt im Inland Baumschneidearbeiten aus und verbringt zu diesem Zweck Arbeitsmaterial und Leitern in das Inland.

In beiden Fällen ist ein innergemeinschaftliches Verbringen nicht anzunehmen (vgl. zu Buchstabe a BFH-Urteil vom 21. 5. 2014, V R 34/13, BStBl II S. 914).

Nr. 3: Der Unternehmer lässt an dem Gegenstand im Bestimmungsmitgliedstaat eine sonstige Leistung (z. B. Reparatur) ausführen und der reparierte Gegenstand gelangt wieder in den Ausgangsstaat zurück (vgl. EuGH-Urteil vom 6. 3. 2014, C-606/12 und C-607/12, Dresser-Rand).

Nr. 4: Der Unternehmer überlässt einen Gegenstand an eine Arbeitsgemeinschaft als Gesellschafterbeitrag und verbringt den Gegenstand dazu in den Bestimmungsmitgliedstaat.

Prüfungstipp

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Bei einer ihrer Art nach vorübergehender Verwendung kommt es somit auf die tatsächliche Dauer der Verwendung des Gegenstands im Bestimmungsmitgliedstaat nicht an.

Weitere Voraussetzung ist, dass vor Beginn und nach Beendigung der Lieferung bzw. der Versendung der Liefergegenstand dem Unternehmensbereich zugeordnet sein muss (A. 1a.2 Abs. 4 UStAE).

Ort und Zeitpunkt des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen

Da das innergemeinschaftliche Verbringen als innergemeinschaftlicher Erwerb gilt, bestimmt sich der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen konsequenterweise auch nach § 3d S. 1 UStG und ist somit in dem Mitgliedstaat, in dem die Warenbewegung endet.

Den Grundsätzen entsprechend, die für den regulären innergemeinschaftlichen Erwerb gelten, bestimmt sich auch der Zeitpunkt des fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerbs. Auch hier ist der Beginn der Warenbewegung maßgebend.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Gegenstand vorerst zu einer lediglich vorrübergehenden Verwendung ins Inland gelangte und im Nachhinein ein Ereignis eintritt, wodurch feststeht, dass der Gegenstand nicht mehr zurück in den Ursprungsstaat gelangen wird (z.B. durch Untergang oder eine ungeplante Weiterveräußerung, vgl. BFH-Urteil vom 21. 5. 2014, V R 34/13, BStBl II S. 914). In diesem Fall ist der Zeitpunkt des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen der Zeitpunkt, in dem feststeht, dass der Gegenstand nicht zurückgelangen wird.

Beispiel

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Der niederländische Unternehmer N aus Venlo unterhält in Mönchengladbach eine Zweigniederlassung. Am 2.4.01 fährt N mit seinem betrieblichen PKW zu der Zweigniederlassung, um administrativen Aufgaben nachzugehen. Noch vor seiner geplanten Rückreise tut sich für N am 7.4.01 die völlig überraschende Möglichkeit auf, seinen betrieblichen PKW zu einem sehr guten Preis an einen deutschen Kaufinteressenten zu veräußern. Der Verkauf findet noch am 7.4.01 in Mönchengladbach statt. Am 9.4.01 reist N mit der Bahn in die Niederlande zurück. 

Steuerbarkeit, Steuerbefreiungen und Steuerschuldner

Ist der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen im Inland, ergibt sich die Steuerbarkeit des Vorgangs in Deutschland aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG. Die Steuerbefreiungen für reguläre innergemeinschaftliche Erwerbe gem. § 4b UStG sind auch beim fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen zu beachten bzw. denkbar. Steuerschuldner ist gem. § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG der Erwerber, also der Unternehmer selbst, weil er gem. § 1a Abs. 2 S. 2 UStG ja als Erwerber gilt.

Bemessungsgrundlage beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen

Da kein Geld fließt, läuft § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG ins Leere. Stattdessen ist § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 u. S. 2 UStG maßgebend. Gemäß dieser Vorschrift sind als Bemessungsgrundlage die Einkaufspreise zzgl. der Nebenkosten bzw. in Herstellungsfällen, wenn Einkaufspreise nicht ermittelt werden können, die Selbstkosten zum Zeitpunkt des Verbringens heranzuziehen.

Merke

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Anders als bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG, ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG die Umsatzsteuer nicht aus dem Einkaufspreis und den Nebenkosten herauszurechnen. Der Einkaufspreis und die Nebenkosten sind bereits die Bemessungsgrundlage und die Umsatzsteuer wird darauf gerechnet!

 Der Unternehmer hat intern Aufzeichnungen über die Bemessungsgrundlage und die Erwerbsteuer zu führen, vgl. § 22 Abs. 2 Nr. 7 UStG.

Steuerentstehung beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen

Beim regulären innergemeinschaftlichen Erwerb entsteht die Steuer gem. § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG mit Ausstellung der Rechnung (1. Alt.), spätestens jedoch mit Ablauf des Voranmeldezeitraums der dem Zeitraum des Erwerbs folgt (2. Alt.).

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen ist nach Verwaltungsauffassung keine Rechnung, sondern lediglich eine pro-forma-Rechnung zu erstellen (A. 14a.1 Abs. 5 UStAE). Da nach h.M. eine pro-forma-Rechnung keine Rechnung darstellt, erfolgt die Steuerentstehung beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen immer mit Ablauf des Monats, der dem Monat des Erwerbs folgt.

Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer

Unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG kann der Unternehmer die Erwerbsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen zeit- und betragsidentisch als Vorsteuer gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG abziehen. Bei einer Gewährung des Vorsteuerabzugs sind anschließend die Ausschlusstatbestände nach § 15 Abs. 1b, Abs. 2-4 UStG zu prüfen.

Zusammenfassende Fälle

Fall 1

Der Möbelhausbetreiber U aus Ulm unterhält in Bregenz (Österreich) eine Zweigniederlassung. Am 2.8.01 beauftragt U einen Angestellten des Ulmer Haupthauses eine Registrierkasse, die bisher in der Zweigniederlassung in Bregenz genutzt wurde, nach Ulm zu holen, um sie dort fortan zu verwenden. Der Angestellte erledigt die Aufgabe noch am selben Tag. Die Anschaffungskosten der Registrierkasse haben seinerzeit 3.500 € (netto) betragen, sind mittlerweile aber um 10 % gesunken. U erstellt über den Vorgang am 4.8.01 eine pro-forma-Rechnung.

U erbringt keine Lieferung, weil keine willentliche Zuwendung gegenüber einem Dritten vorliegt. Stattdessen wird ein Gegenstand des Unternehmens (Registrierkasse) vom übrigen Gemeinschaftsgebiet (Österreich) in das Inland zur Verfügung des Unternehmers (Nutzung im Rahmen des inländischen Anlagevermögens) ins Inland gebracht. Da der Gegenstand im Inland dem Anlagevermögen zugeführt wird, liegt eine nicht nur vorrübergehende Verwendung vor. U tätigt somit einen innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen i.S.d. § 1a Abs. 2 S. 1 UStG. U gilt als Erwerber, § 1a Abs. 2 S. 2 UStG. Der Ort ist gem. § 3d S. 1 UStG im Inland, der Zeitpunkt ist der 2.8.01. Der innergemeinschaftliche Erwerb durch Verbringen ist mithin steuerbar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG und steuerpflichtig zu 19%, § 12 Abs. 1 UStG. Steuerschuldner ist gem. § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG der Erwerber, also der U, da er als Erwerber gilt (vgl. § 1a Abs. 2 S. 2 UStG). Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, S. 2 UStG und entspricht dem Einkaufspreis im Zeitpunkt des Verbringens, hier also 3.150 €. Die Umsatzsteuer i.H.v. 598,50 € (3.150 € x 19 %) entsteht beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen mit Ablauf des Monats, der dem Monat des Erwerbs folgt, hier also mit Ablauf des VAZ September, § 13 Abs. 1 Nr. 6 2. Alt. UStG. (Hinweis: § 13 Abs. 1 Nr. 6 1. Alt. UStG ist nach h.M. nicht einschlägig, weil eine pro-forma-Rechnung keine Rechnung darstellt). Zeit- und betragsidentisch kann U 598,50 € als Vorsteuern abziehen, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG, Ausschlussgründe nach § 15 Abs. 2 UStG liegen nicht vor.

Fall 2

Der österreichische Bauunternehmer Ö aus Bregenz (Österreich) vermietet ab dem 10.8.01 eine Baumaschine an den Ulmer Unternehmer U. U mietet die Maschine bis zum 9.9.02 an. Für die Dauer der Vermietung haben Ö und U einen Mietpreis von 5.000 € vereinbart. Da U von der Baumaschine angetan ist, unterbreitet er dem Ö am 25.8.01 ein Kaufangebot, was Ö nicht abschlagen kann. Beide einigen sich darauf, dass die Baumaschine nach Ablauf der Mietdauer zum Preis von 50.000 € in das Eigentum des U übergehen soll. Folglich überweist U am 9.9.02 55.000 € auf das Konto des Ö. Der Einkaufspreis der Baumaschine liegt im gesamten Jahr 01 bei 40.000 €. Ö erstellt am 15.9.01 eine pro-forma-Rechnung über den Vorgang. Beurteilen Sie die Vorgänge für Ö!

Vermietung der Baumaschine:

Mit der Vermietung der Baumaschine erbringt Ö eine sonstige. Leistung an U, § 3 Abs. 9 UStG. Der Ort der Leistung ist gem. § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers in Ulm. Der Zeitpunkt ist mit Beendigung der Vermietung am 9.9.01. Da eine Gegenleistung (Mietzins) vereinbart wurde, liegt ein Leistungsaustausch vor. Die Vermietung ist im Inland steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und mangels § 4 UStG steuerpflichtig zu 19%, § 12 Abs. 1 UStG. Da Ö eine sonstige Leistung an den U erbringt, für die sich der Ort gem. § 3a Abs. 2 UStG bestimmt und Ö ein EU-Ausländer ist, kommt es gem. § 13b Abs. 1, Abs. 5 S.1 und Abs. 7 S. 2 UStG zum Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger U. Die Bemessungsgrundlage beträgt gem. § 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG 5.000 €, die Umsatzsteuer folglich 950 € (19 %, § 12 Abs. 1 UStG). Sie entsteht mit Ablauf des Monats in dem die Leistung erbracht worden ist, also mit Ablauf des VAZ September, vgl. § 13b Abs. 1 UStG. Der Leistungsempfänger U hat zeit- und betragsidentisch einen Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1, ein Ausschluss gem. § 15 Abs. 2 UStG liegt nicht vor.

Innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen:

Da die Baumaschine zunächst nur vorrübergehend für Zwecke der Vermietung ins Inland gelangt, ist vorerst kein innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen gegeben, vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 10 Nr. 2 UStAE. Da sich Ö und U jedoch über den Verkauf der Baumaschine am 25.8.01 einigen, steht in diesem Moment fest, dass die Maschine im Inland dauerhaft verbleiben wird und es kommt zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen i.S.d. § 1a Abs. 2 S. 1 UStG. Ö gilt als Erwerber, § 1a Abs. 2 S. 2 UStG. Der Ort ist gem. § 3d S. 1 UStG im Inland, der Zeitpunkt ist der 25.8.01, da hier der Verbleib im Inland definitiv wird. Der innergemeinschaftliche Erwerb durch Verbringen ist steuerbar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG und steuerpflichtig zu 19%, § 12 Abs. 1 UStG. Steuerschuldner ist gem. § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG der Erwerber, also der Ö, da er als Erwerber gilt (vgl. § 1a Abs. 2 S. 2 UStG). Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, S. 2 UStG und entspricht dem Einkaufspreis im Zeitpunkt des Verbringens, hier also 40.000 €. Die Umsatzsteuer i.H.v. 7.600 € (40.000 € x 19 %) entsteht beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen mit Ablauf des Monats, der dem Monat des Erwerbs folgt, hier also mit Ablauf des VAZ September, § 13 Abs. 1 Nr. 6 2. Alt. UStG. (Hinweis: § 13 Abs. 1 Nr. 6 1. Alt. UStG ist nach h.M. nicht einschlägig, weil eine pro-forma-Rechnung keine Rechnung darstellt). Zeit- und betragsidentisch kann Ö 7.600 € als Vorsteuer abziehen, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG, Ausschlussgründe nach § 15 Abs. 2 UStG liegen nicht vor.

Verkauf der Baumaschine:

Ö erbringt mit dem Verkauf der Baumaschine eine Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG an den U, weil er ihm Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft. Das Eigentum an der Maschine wird durch Einigung verschafft, weil U schon im Besitz der Sache ist § 929 S. 2 BGB. Folglich handelt es sich auch um eine ruhende Lieferung, der Ort der Lieferung ist mithin gem. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG in Ulm belegen. Zeitpunkt der Lieferung ist der 9.9.01. Da eine Gegenleistung (Kaufpreis) vereinbart wurde, liegt ein Leistungsaustausch vor und der Vorgang ist steuerbar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und mangels § 4 UStG steuerpflichtig zu 19%, § 12 Abs. 1 UStG. Steuerschuldner ist gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG der leistende Unternehmer Ö. Insbesondere liegt kein Vorgang vor, der unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt, weil Ö eine „reguläre“ Lieferung und keine Werklieferung an den U erbringt. Die Bemessungsgrundlage beträgt gem. § 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG 42.016,81 € und die Umsatzsteuer 7.983,19 €. Sie entsteht mit Ablauf des VAZ September gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 UStG.

Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung durch Verbringen, § 3 Abs. 1a i.V.m. § 6a Abs. 2 UStG

Das Gegenstück zum innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen im Bestimmungsland stellt das Verbringen im Ursprungsland dar, welches einer Lieferung gleichgestellt wird nach § 3 Abs. 1a UStG  und über § 6a Abs. 2 UStG wie eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln ist. Die Tatbestandsmerkmale sind konsequenterweise spiegelbildlich zu denen des § 1a Abs. 2 UStG formuliert.

Beispiel

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Meyer ist Tischler und in Aachen ansässig. Er hat sich auf belgische Möbel spezialisiert, die in Deutschland und Belgien gleichermaßen beliebt sind.

Er kauft bei Hans Friedrich aus dem Westerwald 5 m Eichenholz und lässt sich dies unmittelbar in seine Werkstatt nach Aachen liefern. Unmittelbar nach der Lieferung nach Aachen verlädt er diese auf sein Lkw und bringt sie in sein Lager nach Belgien, da sie dort weiterverarbeitet werden sollen und dann in Belgien verkauft werden. Der Gegenstand wird zwar hier in Deutschland nicht aktiv benutzt, bleibt jedoch in der Verfügungsmacht des Unternehmers. Die Verbringung von Deutschland nach Belgien wird einer Lieferung gegen Entgelt nach § 3 Abs. 1a UStG gleichgestellt. Das Verbringen des Gegenstandes wird nach §§ 3 Abs. 1a bzw. § 1a Abs. 2 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung bzw. innergemeinschaftliche Erwerb fingiert.

Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1a UStG

Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung. Ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.

Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Fiktion durch den ein eigentlich rechtsgechäftsloses Verbringen zur eigenen Verfügung einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird.

Prüfungstipp

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Für ein erfolgreiches Bestehen der Prüfung ist es gerade in der Umsatzsteuerklausur von größter Bedeutung, das richtige Prüfungsschema für den zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden. Das Verbringen eines Gegenstandes aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet wird über eine gesetzliche Fiktion einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. Das bedeutet, dass das Prüfungsschema für reguläre Ausgangsleistungen aus Kapitel Prüfungsschema anzuwenden ist und die Aussage zum Verbringen an der Stelle zur Umsatzart, also dort wo sonst Aussagen zur Lieferung oder sonstigen Leistung getätigt werden, vorzunehmen ist:

Umsatzart:Das innergemeinschaftliche Verbringen aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet gilt als Lieferung, § 3 Abs. 1a S. 1 UStG. Der Unternehmer gilt als Lieferer, § 3 Abs. 1a S. 2 UStG.
Ort:wie bei einer regulären Lieferung zu bestimmen, i.d.R. § 3 Abs. 6 UStG
Beginn der Beförderung/Versendung
Zeitpunkt:Zeit folgt Ort: Beginn der Beförderung/Versendung
LAT:hier ist keine Aussage zu machen, mangels Gegenleistung
Steuerbarkeit:gegeben (wenn Ort im Inland), § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG

Weil die Tatbestandsmerkmale denen des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen entsprechen, wird an dieser Stelle auf die detaillierte Wiedergabe verzichtet und stattdessen auf Tatbestandsmerkmale des § 1a Abs. 2 UStG verwiesen. Wie zuvor bereits betont, ist es essentiell die Fälle der vorrübergehenden und nicht nur vorrübergehenden Verwendung zu kennen!

Hinweis

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Nicht nur vorrübergehende Verwendung (A. 1a.2 Abs. 5 und 6 UStAE):

  • Zuführung zum Anlagevermögen im anderen Unternehmensteil
  • Verarbeitung oder Verbrauch als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff
  • Verbringen mit Verkaufsabsicht ohne feststehenden Abnehmer

Der Art nach vorrübergehender Verwendung (A. 1a.2 Abs. 9 bis 11 UStAE):

  • Gegenstand wird Teil einer Werklieferung (z.B. Baustoffe), die im Bestimmungsland besteuert wird oder wird im Zusammenhang mit einer Werklieferung verwendet und gelangt anschließend wieder zurück (z.B. Baumaschine)
  • Der Gegenstand gelangt in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erbringen einer sonstigen Leistung in den Bestimmungsmitgliedstaat
  • An dem Gegenstand wird im Bestimmungsmitgliedstaat eine sonstige Leistung z.B. Reparatur) durchgeführt

 Wir betrachten den § 3 Abs. 1a UStG nun nochmal im folgenden Lernvideo.

Ort, Zeitpunkt, Steuerbarkeit

Da das innergemeinschaftliche Verbringen einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird, ist der Ort nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für Lieferungen gelten. Da ein Gegenstand körperlich aus dem Inland in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, bestimmt sich der Ort wie bei bewegten Lieferungen gem. § 3 Abs. 6 UStG und ist mithin am Beginn der Beförderung/Versendung belegen.

Der Zeitpunkt ist folglich auch beim Beginn der Beförderung/Versendung. Etwas anderes gilt nur, wenn der Gegenstand zunächst zwecks einer vorrübergehenden Verwendung in den anderen Mitgliedstaat gelangt und erst später aus der geplanten vorrübergehenden Verwendung eine nicht nur vorrübergehende Verwendung wird (z.B. durch ungeplanten Verkauf im Bestimmungsland). In diesem Fall ist der Zeitpunkt der Moment, in dem der dauerhafte Verbleib im Bestimmungsland feststeht.

Ist der Beginn der Warenbewegung im Inland, ist das innergemeinschaftliche Verbringen steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

Steuerbefreiungen, § 6a Abs. 3 UStG

Das innergemeinschaftliche Verbringen aus dem Inland in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, wird gem. § 4 Nr. 1b) i.V.m. § 6a Abs. 2 UStG einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt und ist im Ursprungsland steuerfrei. Dies ist gesetzessystematisch angezeigt, da im Bestimmungsland die Erwerbsbesteuerung durch einen innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen erfolgt.

Für die Gewährung der Steuerbefreiung hat der Unternehmer, wie bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung an einen anderen Unternehmer, auch in Verbringensfällen seinen Nachweispflichten gem. § 6a Abs. 3 UStG nachzukommen und die Buch- und Belegnachweise i.S.d. §§ 17a – 17d UStDV zu beachten.

Bemessungsgrundlage und Anmeldung des steuerfreien Umsatzes

Die Bemessungsgrundlage für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung durch Verbringen ist gem. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG zu bestimmen. Analog zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen, stellt der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten im Zeitpunkt des Verbringens auch die Bemessungsgrundlage der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung durch Verbringen dar.

Wie bereits unter Steuerentstehung beim innergemeinschaftlichen Erwerb dargestellt, hat der Unternehmer über Verbringensfälle eine Pro-forma-Rechnung zu erstellen, welche nach h.M. keine Rechnung darstellt. Hierbei handelt es sich um einen „Eigenbeleg“, der keine Außenwirkung entfaltet. Die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung durch Verbringen ist dementsprechend gem. § 18b S. 1 Nr. 1 u. S. 2 UStG für den Monat anzumelden, der dem Monat des Verbringens folgt.

Zusammenfassende Übungsfälle

Fall 1

Der Innenraumausstatter U aus Ulm unterhält in Bregenz (Österreich) eine Zweigniederlassung. Am 2.8.01 beauftragt U einen Angestellten des Ulmer Haupthauses mehrere Stoffe und Gardinen zum Abverkauf von Ulm nach Bregenz zu bringen. Der Angestellte fährt mit einem Betriebsfahrzeug des Ulmer Haupthauses am 2.8.01 nach Bregenz und am 3.8.01 zurück. Die Stoffe und Gardinen hatte U zum Preis von 15.000 € (netto) im Vorjahr eingekauft. In der Zwischenzeit sind die Einkaufspreise um 5 % gestiegen. Beurteilen Sie den Sachverhalt im Hinblick auf die Stoffe und Gardinen sowie den betrieblichen PKW. U erstellt über den Vorgang am 10.8.01 eine Pro-forma-Rechnung.

Betrieblicher PKW:     

Es handelt sich um kein innergemeinschaftliches Verbringen, weil der PKW zu einer lediglich vorrübergehenden Verwendung nach Österreich gelangt, § 3 Abs. 1a UStG.

Stoffe und Gardinen: 

U erbringt keine Lieferung, weil keine willentliche Zuwendung gegenüber einem Dritten vorliegt. Stattdessen wird ein Gegenstand des Unternehmens (Waren: Gardinen und Stoffe) aus dem Inland zur Verfügung des Unternehmers in das übrige Gemeinschaftsgebiet (geplanter Abverkauf in Österreich) gebracht. Da die Waren in Österreich als Umlaufvermögen verkauft werden sollen, liegt eine nicht nur vorrübergehende Verwendung vor. Der Vorgang gilt als Lieferung gegen Entgelt, i.S.d. § 3 Abs. 1a S. 1 UStG. U gilt als Lieferer, § 3 Abs. 1a S. 2 UStG. Der Ort der Lieferung ist gem. § 3 Abs. 6 S. 1, 2 UStG mit Beginn der Beförderung in Ulm, der Zeitpunkt ist der 2.8.01. Der Vorgang mithin steuerbar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Über § 6a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 UStG ist das Verbringen allerdings steuerfrei. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung durch Verbringen nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, S. 2 UStG und entspricht dem Einkaufspreis im Zeitpunkt des Verbringens, hier also 16.500 €. Das Verbringen ist in dem Monat, der dem Verbringen folgt in der Voranmeldung anzugeben, hier also im September § 18b S. 1 Nr. 1, S. 2 2. Alt UStG. (Hinweis: § 18b S. 1 Nr. 1, S. 2 1. Alt UStG ist nach h.M. nicht einschlägig, weil eine Pro-forma-Rechnung keine Rechnung darstellt).

Fall 2

Der Bauunternehmer U aus Ulm errichtet in der Zeit vom 2.2.01 bis zum 15.11.01 für den österreichischen Holzhändler Ö für 9.000.000 € ein Sägewerk in Bregenz (Österreich). U transportiert einen Großteil der benötigten Baumaterialien sowie diverse Baumaschinen von Ulm nach Österreich. Während die Baumaterialien verbaut werden, gelangen die Baumaschinen nach Beendigung der Arbeiten und erfolgter Abnahme am 15.11.01 nach Ulm zurück. Beurteilen Sie Unternehmer U!

U erbringt gem. § 3 Abs. 4, 1 UStG eine Werklieferung im LAT an den Ö, weil er die Bearbeitung eines fremden Gegenstandes (Grundstück des Ö) übernommen hat und die Hauptstoffe (Baumaterialien) selbst beschafft. Es handelt sich um eine unbewegte Lieferung, der Ort ist in Bregenz, § 3 Abs. 7 S. 1 UStG. Der Zeitpunkt der Werklieferung ist am 15.11.01 mit Abnahme. Weil der Ort nicht im Inland belegen ist, ist der Umsatz nicht steuerbar, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG. Die BMG des nicht steuerbaren Umsatzes beträgt gem. § 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG 9.000.000 € und ist gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 UStG analog m.A.d. VAZ November 01 anzumelden.

Hinsichtlich der Baumaterialen ist kein Verbringen gegeben. Da die Baumaterialen Teil einer in Österreich steuerbaren Werklieferung sind, handelt es sich um eine ihrer Art nach vorrübergehender Verwendung, vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 10 Nr. 1 Beispiel 1 UStAE. Dabei ist gleichgültig, ob der Gegenstand Bestandteil der Werklieferung wird und im Bestimmungsmitgliedstaat verbleibt (wie hier die Baumaterialien) oder ob er als Hilfsmittel verwendet wird und später wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt. 

Wichtig: Obwohl die Baumaterialien in zeitlicher Hinsicht dauerhaft in Österreich verbleiben, handelt es sich somit in rechtlicher Hinsicht um eine ihrer Art nach vorrübergehender Verwendung! Dementsprechend kann kein innergemeinschaftliches Verbringen i.S.d. § 3 Abs. 1a UStG im Inland und auch kein innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen in Österreich im Bestimmungsland vorliegen.

Die Baumaschinen gelangen nach Abschluss der Arbeiten wieder ins Inland zurück. Auch hier ist nur eine ihrer Art nach vorrübergehender Verwendung gegeben, weil die Gegenstände im Rahmen einer in Österreich steuerbaren Werklieferung verwendet werden. Mithin liegt kein Verbringen i.S.d. § 3 Abs. 1a UStG vor, vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 10 Nr. 1, Beispiel 1 UStAE.