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Körperschaftsteuer (Vertiefung)

Fortführungsgebundener Verlustvortrag, § 8d KStG

Fortführungsgebundener Verlustvortrag, § 8d KStG

Einführung

Die Regelung des § 8d KStG stellt eine Ergänzung zu den Verlust-Untergangs-Vorgaben des § 8c KStG dar. Kommt es also zu einem schädlichem Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG, schafft die Vorschrift des § 8d KStG, neben den Ausnahmetatbeständen des § 8c KStG, eine weitere Möglichkeit zum Verlusterhalt für die Fälle, in denen auch nach dem Beteiligungserwerb der bisherige Geschäftsbetrieb weitergeführt wird.

Der Gesetzesbegründung zufolge wurde die Regelung eingeführt, da von den Ausnahmeregelungen des § 8c KStG vor allem Unternehmen begünstigt werden, die in Konzernstrukturen organisiert sind oder aber Unternehmen, die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit hohe stille Reserven aufbauen konnten. Daneben existieren aber Fälle, in denen weder die Konzern- noch die Stille-Reserven- oder die Sanierungsklausel Anwendung finden, bei denen der Verlustuntergang nach § 8c KStG aber weder aus wirtschaftlichen Erwägungen gerechtfertigt ist noch aus steuersystematischer Sicht erforderlich ist. Betroffen sind dabei insbesondere Fällen, in denen zur Unternehmensfinanzierung der Eintritt neuer Gesellschafter oder der Wechsel von Anteilseignern erforderlich wird, was bspw. bei Start-ups regelmäßig der Fall ist.

Um auch diesen Fällen Rechnung zu tragen und sie nicht durch einen ungerechtfertigten/ unnötigen Verlustuntergang zu belasten, kann durch § 8d KStG ein Verlusterhalt erfolgen, wenn der bisherige Geschäftsbetrieb der Verlustgesellschaft auch nach dem Anteilseignerwechsel weitergeführt wird und eine anderweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist. Der Erhalt erfolgt dabei in der Form, dass eine Umqualifizierung der angelaufenen Verluste in so genannte fortführungsgebundene Verluste stattfindet. Dieser sog. fortführungsgebundene Verlustvortrag kann dann vor einem Verlustabzug nach § 10d EStG vom G.d.E. der Gesellschaft abgezogen werden.

Die Reglungen der §§ 8c und 8d KStG sind dabei zwei eigenständige Regelungen, die sich gegenseitig ergänzen. Dabei führt die Anwendung des § 8d KStG dazu, dass die Anwendung des § 8c KStG ausgeschlossen wird (§ 8d Abs. 1 S. 1 KStG). Während bei der Anwendung des § 8c KStG Verluste in Abhängigkeit davon untergehen, ob ein schädlicher Anteilseignerwechsel stattgefunden hat, können nach § 8d KStG überführte Verluste auch neben einem Anteilseignerwechsel untergehen, wenn es zu einer Änderung des Geschäftsbetriebs kommt.

Hinweis

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Zur Anwendung des § 8d KStG existiert ein umfangreiches BMF-Schreiben mit Datum v. 18.03.2021, das zu vielen Tatbestandsmerkmalen der Vorschrift ausführlich Stellung nimmt und anhand vieler Beispiele erläutert.

Allgemeines

Die Regelung des § 8d KStG ist für schädliche Beteiligungserwerbe, die nach dem 31.12.2015 erfolgen, anzuwenden, mithin erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016. Der Anwendungsbereich des § 8d KStG entspricht dem Anwendungsbereich des § 8c KStG. Er gilt somit für alle unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Bei einem Organträger kann die Regelung des § 8d KStG hingegen explizit nach § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG nicht angewandt werden. 

Dem BMF-Schreiben v. 18.03.2021 zufolge, findet der Verlusterhalt des § 8d KStG für alle nicht genutzten Verluste i.S.d. § 8c KStG Anwendung. Insbesondere also für Verluste i.S.d. §§ 2a, 15 Abs. 4, 15a, 15b EStG sowie für fortführungsgebundene Verluste i.S.d. § 8d KStG selbst. Auch auf einen Zinsvortrag i.S.d § 8a Abs. 1 S. 3 KStG finden die Regelungen des § 8d KStG Anwendung.

Tatbestandsvoraussetzungen

Voraussetzung für einen Erhalt der Verluste nach § 8d KStG ist zunächst, dass ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG erfolgte. Dieser ist dem BMF-Schreiben v. 18.03.2021 zufolge nicht gegeben, wenn ein Beteiligungserwerb unter den Anwendungsbereich der Konzernklausel oder die Sanierungsklausel fällt. Da die Anwendung einer dieser Maßnahmen jedoch von der Gesellschaft geltend gemacht werden muss, führt dies faktisch zu einem Wahlrecht der Gesellschaft, ob eine der Klauseln des § 8c KStG angewandt wird oder aber ein Verlusterhalt nach § 8d KStG erfolgen soll. Auch ein unentgeltlicher Beteiligungserwerb im Wege des Erbfalls, der Erbauseinandersetzung oder der vorweggenommenen Erbfolge fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 8d KStG, da er bereits keinen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG darstellt.

Ein Anwendungsfall der Stille-Reserven-Klausel des § 8c KStG stellt hingegen einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG und damit auch i.S.d. § 8d KStG dar. Allerdings schließt § 8d Abs. 1 S. 1 KStG die Anwendung von § 8c KStG insgesamt aus, damit also auch die Anwendung der Stille-Reserven-Klausel. Eine gleichzeitige Anwendung von § 8c und § 8d KStG ist somit nicht möglich. In den Fällen, in denen die Verluste der Verlustgesellschaft die stillen Reserven übersteigen – die stillen Reserven damit nicht ausreichen um den vorhandenen Verlust(-vortrag) vollständig zu erhalten – können die übersteigenden Verluste also nicht durch § 8d KStG in einen fortführungsgebundenen Verlust übertragen werden. Mithin ist in diesen Fällen zu wählen, ob die Stille-Reserve-Klausel angewandt wird oder aber ein Verlusterhalt über § 8d KStG erfolgen soll.

Antrag

Damit ein Verlust(-vortrag) nach § 8d KStG erhalten bleibt, ist nach § 8d Abs. 1 S. 1 KStG ein Antrag zu stellen, durch welchen die Anwendung von § 8c KStG ausgeschlossen wird. Der Antrag ist nach § 8d Abs. 1 S. 5 KStG in der Körperschaftsteuererklärung des Veranlagungszeitraums zu stellen, indem der schädliche Beteiligungserwerb stattgefunden hat. Diese Regelung ist nach Verwaltungsvorgaben jedoch weit auszulegen. So kann der Antrag noch bis zur Unanfechtbarkeit der Feststellung über den Verlustvortrag nachgeholt werden. Wird ein schädlicher Beteiligungserwerb erstmalig in einem Änderungsbescheid berücksichtigt, kann der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit dieses Änderungsbescheides gestellt werden. Und auch wenn ein Steuerbescheid/ eine Feststellung über den Verlustvortrag unanfechtbar geworden ist, kann ein Antrag noch berücksichtigt werden, wenn die Steuerfestsetzung nach einer Änderungsvorschrift der AO noch änderbar ist (Rz. 7-8 BMF v. 18.03.2021). Gefordert wird von der Finanzverwaltung jedoch, dass bei einem nachträglichen Antrag auch eine berichtigte und formgerechte Körperschaftsteuererklärung abgegeben wird. Die Rücknahme eines Antrags wurde gesetzlich nicht geregelt. Nach den Vorgaben des BMF gelten für die Rücknahme des Antrags jedoch dieselben Voraussetzungen wie für die Antragstellung. Findet ein schädlicher Beteiligungserwerb durch mehrere aufeinanderfolgende Zählerwerbe statt, ist der Antrag in dem VZ zu stellen, in dem die 50%-Grenze überschritten wird.

Der Antrag hat dieselben Formerfordernisse wie eine Steuererklärung zu erfüllen. Er kann somit auch elektronisch gestellt werden. Nicht ausreichend ist hingegen ein konkludenter Antrag durch Angaben in der Steuererklärung. Er ist einheitlich für alle schädlichen Beteiligungserwerbe innerhalb eines VZ zu stellen.

Beobachtungszeitraum

Zentrale Voraussetzung für die Anwendung des § 8d KStG ist, dass die Verlustgesellschaft denselben Geschäftsbetrieb unterhalten hat und dieser unverändert fortgeführt werden muss. Um dies zu erreichen, regelt grundsätzlich § 8d Abs. 2 KStG die Anwendungsfälle, in denen der fortführungsgebundene Verlust untergeht, bspw. bei Einstellung oder Änderung des Betriebs (vgl. Abschnitt zum Untergang eines fortführungsgebundenen Verlustvortrag).

Um jedoch Missbräuche dahingehend zu vermeiden, dass bereits vor dem schädlichen Beteiligungserwerb oder der Feststellung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags eine Änderung des Geschäftsbetriebs erfolgt, gibt Satz 1 sowohl einen dem Beteiligungserwerb vor- als auch einen dem Beteiligungserwerb nachlaufenden Zeitraum vor, in dem der Geschäftsbetrieb bereits unverändert fortgeführt werden muss. Diese so genannten Beobachtungszeiträume werden also in einen Beobachtungszeitraum A (dem Beteiligungserwerb vorlaufenden Zeitraum) und einen Beobachtungszeitraum B (dem schädlichen Beteiligungserwerb nachlaufenden Beobachtungszeitraum) eingeteilt.

Der Beobachtungszeitraum A umfasst einen Zeitraum vor dem schädlichen Beteiligungserwerb. Damit die Voraussetzungen zur Einhaltung des Beobachtungszeitraums A erfüllt sind, muss die Verlustgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb bereits

  • seit ihrer Gründung oder
  • wenn die Gründung schon länger zurückliegt, seit dem Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerb vorausgeht,

unterhalten haben.

Darüber hinaus muss der Beobachtungszeitraum B eingehalten werden. Dieser fängt zeitgleich mit Beginn des Beobachtungszeitraums A an, läuft aber bis zum Ende des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs. Innerhalb dieses Zeitraums darf kein schädliches Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 KStG (vgl. Abschnitt zum Untergang eines fortführungsgebundenen Verlustvortrag) stattgefunden haben. Wurde die Gesellschaft also nicht neu gegründet, umfasst der Beobachtungszeitraum insgesamt 4 Jahre, drei Jahre vor dem Beteiligungserwerb sowie das Jahr des Beteiligungserwerbs. Im Fall der Neugründung verkürzt sich der Zeitraum und beginnt mit der Gründung der Verlustgesellschaft. 

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Fortführung des Geschäftsbetriebs 

Zentrale Voraussetzung für den Erhalt des Verlustes nach § 8d KStG ist die Fortführung des Geschäftsbetriebs. Daher ist entscheidend, was genau unter einem Geschäftsbetrieb und dessen Fortführung zu verstehen ist. Der Begriff des Geschäftsbetriebs wird in § 8d Abs. 1 Satz 3-4 KStG definiert. Hiernach heißt es:

Ein Geschäftsbetrieb umfasst die

  • von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragene,
  • nachhaltige,
  • sich gegenseitig ergänzende und fördernde Betätigung der Körperschaft und
  • bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung.
Einheitliche Gewinnerzielungsabsicht

Das Tatbestandsmerkmal wird umstritten beurteilt, da § 8d KStG einerseits immer nur bei Verlustgesellschaften Anwendung findet und andererseits umstritten ist, ob es überhaupt möglich ist, dass Kapitalgesellschaften keine Gewinnerzielungsabsicht haben, da diese mangels außerbetrieblicher Sphäre immer zu unterstellen ist. Andere Meinungen vertreten hingegen, dass bei einem dauerdefizitären Betrieb die Anwendung des § 8d KStG ausgeschlossen ist.

Nachhaltig

Eine Tätigkeit wird in Anlehnung an § 15 Abs. 2 EStG nachhaltig ausgeübt, wenn sie wiederholend ausgeführt wird oder zumindest auf Wiederholung angelegt ist. Im Umkehrschluss kann daraus gefolgert werden, dass Tätigkeiten, die die Verlustgesellschaft nicht in Wiederholungsabsicht ausgeübt hat, auch nicht bei der Bestimmung des Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen sind.

Sich gegenseitig ergänzend und fördernd

Anhand dieses Tatbestandsmerkmals werden alle Tätigkeiten bestimmt, die zum Geschäftsbetrieb dazugehören. Zum Geschäftsbetrieb gehören also alle Betätigungen der Gesellschaft, die sich gegenseitig ergänzen und fördern, zwischen denen also ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang gegeben ist. Die Betätigungen müssen sich also gegenseitig bedingen oder sich als Haupt- und Nebentätigkeit gegenseitig fördern. Zwischen den einzelnen Betätigungen muss es also eine inhaltliche Verknüpfung geben. Dabei müssen die einzelnen Tätigkeiten aber nicht gleich sein, sie müssen sich lediglich gegenseitig unterstützen, bspw. ein Kiosk mit Lotto- oder Postannahmestelle. Für die Beurteilung dessen kann insbesondere darauf abgestellt werden, ob die Tätigkeiten die gleichen Lieferanten- und Kundenkreise haben.

Bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen

Was qualitative Merkmale sind, wird in § 8d Abs. 1 Satz 4 KStG näher erläutert. Diese sind maßgeblich für die Bestimmung des Geschäftsbetriebs, da sich aus ihnen der wesentliche Kern der Betätigung ableiten lässt. Dem Gesetz zufolge sind die qualitativen Merkmale insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikationen der Arbeitnehmer. Zur Bestimmung des Geschäftsbetriebs wird der Fokus also auf die inhaltliche Tätigkeit der Gesellschaft gelegt und nicht auf quantitative Ausprägungen der einzelnen Merkmale.

Das Wort „insbesondere“ verdeutlicht, dass neben den explizit aufgeführten Merkmalen auch weitere Merkmale zur Bestimmung des Geschäftsbetriebs herangezogen werden können.

Da Kern der Vorschrift ist, dass der ursprüngliche Geschäftsbetrieb der Verlustgesellschaft fortgeführt wird. Es ist also zu beurteilen, ob sich Änderungen dieser qualitativen Merkmale ergeben haben. Aufgrund dessen, dass sich regelmäßig in den ersten Jahren nach der Gründung einige der qualitativen Merkmale ändern, ist es der Verwaltungsauffassung zufolge unschädlich, wenn die Veränderungen den wesentlichen Kern der Betätigung nicht berühren (BMF v. 18.03.2021, Rz. 19). Kommt es hingegen zu einer wesentlichen Änderung der qualitativen Merkmale, kann kein Antrag nach § 8d KStG gestellt werden oder geht ein bereits bestehender fortführungsgebundener Verlustvortrag i.S.d. § 8d KStG unter.

Mehrere Geschäftsbetriebe 

Wie zuvor dargestellt, richtet sich die Beurteilung des Geschäftsbetriebs insbesondere nach qualitativen Merkmalen, also nach der inhaltlichen Tätigkeit der Verlustgesellschaft. Werden nunmehr unterschiedliche Tätigkeiten von der Gesellschaft ausgeübt, kann eine Körperschaft auch mehrere Geschäftsbetriebe ausüben, wenn es sich jeweils um selbständige Tätigkeiten handelt, die sich hinsichtlich der qualitativen Merkmale voneinander abheben. Nach der in der Literatur strittigen Auffassung der Finanzverwaltung hat das Vorliegen mehrerer Geschäftsbetriebe zur Rechtsfolge, dass § 8d KStG nicht angewandt werden kann. Hintergrund für diese Beurteilung ist wohl, dass das Gesetz nach Auffassung der Finanzverwaltung auf denselben und nicht auf dieselben Geschäftsbetriebe abstellt und Verluste und Gewinne unterschiedlicher Geschäftsbetriebe nicht miteinander verrechnet werden sollen. Eine wirtschaftlich geringfügige Nebenbetätigung der Körperschaft, d.h. eine Betätigung, die max. 3% der Gesamtnettoumsätze oder aber den Betrag von 24.500 € nicht übersteigt, soll hingegen nicht einem einheitlichen Geschäftsbetrieb und damit der Anwendbarkeit des § 8d KStG entgegenstehen (BMF v. 18.03.2021, Rz. 24).

Einheitlicher Geschäftsbetrieb 

Infolgedessen, dass das Vorliegen mehrerer Geschäftsbetriebe zur Nichtanwendung des § 8d KStG führen soll, kommt der Frage, wann ein einheitlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, eine gewichtige Bedeutung zu. Führt eine Körperschaft mehrere Tätigkeiten aus, sollen diese dennoch als einheitlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen sein, wenn sich die verschiedenen Betätigungen gegenseitig ergänzen und fördern. Hierfür muss eine inhaltliche Verknüpfung der Tätigkeiten in der Form gegeben sein, als dass ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang zwischen ihnen besteht. Dies ist der Fall, wenn sich die selbständigen Betätigungen gegenseitig bedingen oder sich als Haupt- und Nebentätigkeit gegenseitig fördern, also sich durch das gleichzeitige Betreiben der Tätigkeiten Synergieeffekte ergeben.

Beispiel

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In Anlehnung an Beispiel 5 – BMF v. 18.03. 21, Rz. 21:

Die V-GmbH führt ein Autohaus. Zusätzlich betreibt sie in einem Nebengebäude eine Kfz-Werkstatt. Neben Kfz-Reparaturen aufgrund von Kundenaufträgen dient die Werkstatt auch dazu, angekaufte Gebrauchtwagen des Autohauses vorzubereiten sowie Gewährleistungspflichten nachzukommen. Das Autohaus und die Werkstatt treten nach außen unter einem einheitlichen Markennahmen auf („Automobile V Kfz-Handel und Reparaturen“).

Lösung:

Für Zwecke des § 8d KStG liegen zwei selbständige Betätigungen vor, da sie sich unter Berücksichtigung der qualitativen Merkmale des § 8d Abs. 1 S. 4 KStG voneinander abheben. Die angebotenen Dienstleistungen und Produkte, der Lieferantenkreis und die Qualifikation der Arbeitnehmer sowie der Kundenkreis unterscheiden sich teils erheblich voneinander. Allerdings fördern und ergänzen sich die beiden unterschiedlichen Tätigkeiten gegenseitig. Die Kfz-Werkstatt erbringt wesentliche Vorbereitungs-, Service- und Ergänzungsdienstleistungen für den Autohandel während umgekehrt durch den Verkauf von Kfz die Käufer als (langfristige) Kunden der Werkstatt gewonnen werden.

Aufgrund dieser engen sachlichen Verknüpfung und des Förderungs- und Ergänzungszusammenhangs bilden die beiden an sich selbständigen Betätigungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse einen einheitlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 8d KStG.

Ausschlusstatbestände

Auch wenn die Voraussetzungen des § 8d Abs. 1 S. 1 KStG grundsätzlich erfüllt sind, nennt § 8d Abs. 1 S. 2 KStG zwei Ausnahmen, bei deren Vorliegen § 8d KStG nicht anwendbar ist. Nach

  • Nr. 1 ist kein Verlusterhalt nach § 8d KStG für Verluste möglich, die auf eine Zeit vor Einstellung oder Ruhendstellung des Betriebs entfallen.
  • Nr. 2 ist kein Verlusterhalt nach § 8d KStG möglich, wenn die Verlustgesellschaft zu Beginn des dritten VZ vor dem schädlichen Beteiligungserwerb, also zu Beginn des Beobachtungszeitraums A, Organträgerin oder aber an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war.

Ein-/ Ruhendstellung (§ 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG)

§ 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG kommt nur für Fälle in Betracht, in denen eine Körperschaft in der Vergangenheit ihren Geschäftsbetrieb ein- oder ruhend gestellt hat und zu einem späteren Zeitpunkt ihre Geschäftstätigkeit wieder aufgenommen hat. Entfallen von den Verlusten im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs Anteile auf einen Zeitraum vor der Ein- oder Ruhendstellung der Gesellschaft, so sollen diese Verluste nicht nach § 8d KStG erhalten bleiben können. Nach § 34 Abs. 6a S. 2 KStG gilt die Regelung erstmals für Geschäftsbetriebe, die nach dem 31.12.2015 ein- oder ruhend gestellt wurden. Wurde ein Geschäftsbetrieb vor dem 31.12.2015 ein- oder ruhendgestellt, so ist nach § 34 Abs. 6a S. 1 KStG die Anwendung des § 8d KStG grundsätzlich insgesamt ausgeschlossen. Entgegen dieser gesetzlichen Regelung hat die Finanzverwaltung in ihrem BMF-Schreiben jedoch eine Billigkeitsreglung erlassen, nach welcher im Falle einer Ein- oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs vor dem 31.12.2015 die Möglichkeit des Verlusterhalts für Verluste, die nach dem 31.12.2015 entstanden sind, bestehen bleibt und nur die Verluste untergehen, die vor dem 31.12.2015 entstanden sind (vgl. BMF v. 13.08.2021, Rz. 79).

Kommt es zur Anwendung des Ausschlusstatbestandes i.S.d. § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG hat das zur Folge, dass insoweit § 8c KStG wieder anzuwenden ist. So führt die Anwendung des § 8d KStG grundsätzlich dazu, dass § 8c KStG keine Anwendung findet. § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG führt wieder zu einer Rückausnahme, weshalb die unter diese Vorschrift fallenden Verluste wiederum der Verlustkürzung des § 8c KStG unterliegen.

Beispiel

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In Anlehnung an Beispiel 20 – BMF v.18.03. 21, Rz. 21

Die Pleite GmbH hat zu Beginn des VZ 2016 ihren Geschäftsbetrieb ruhend gestellt. Im Zeitpunkt der Ruhendstellung bestand ein Verlustvortrag i.H.v. 150.000 €. Zum 01.01.2018 nahm sie ihren (gleichgebliebenen) Geschäftsbetrieb wieder auf. Bis zum 31.12.2022 erhöhte sich der Verlustvortrag unglücklicherweise auf einen Betrag von 500.000 €. Aufgrund dessen veräußerte der Alleineigentümer Peter Pech noch im VZ 2022 75% seiner Anteile an Emil Erfolg, der die Pleite GmbH wieder zum Erfolg führen sollte. Zusammen führten die beiden die Pleite GmbH mit demselben Geschäftsbetrieb fort, weshalb sie für den VZ 2022 einen Antrag nach § 8d KStG zum Erhalt des Verlustvortrags stellten. Über stille Reserven verfügte die GmbH nicht. 

Lösung:

Die Voraussetzungen des § 8d Abs. 1 S. 1 KStG sind erfüllt, da insbesondere in den Beobachtungszeiträumen A und B derselbe Geschäftsbetrieb unverändert fortgeführt wurde. Allerdings ist nach § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG der Erhalt des Verlustes ausgeschlossen, der auf eine Zeit vor Ein- oder Ruhendstellung der GmbH entfällt. Dies waren bei der Pleite GmbH 150.000 €. Von dem bestehenden Verlustvortrag im VZ 2022 i.H.v. 500.000 € bleibt für einen Betrag von 150.000 € § 8c KStG anwendbar, weshalb nur noch für einen Betrag von 350.000 € ein Antrag i.S.d. § 8d KStG gestellt werden kann.

Organträgerstellung oder Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (§ 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG)

Der zweite Tatbestand, der zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 8d KStG führt, wird in § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG definiert. Hiernach ist eine Verlustkürzung nach § 8c KStG also weiterhin vorzunehmen, wenn die Verlustgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war oder selbst Organträger war. Hintergrund der Einschränkung ist, dass ansonsten Verluste einer Organgesellschaft oder einer Mitunternehmerschaft über die Regelung des § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG gerettet werden könnten.

Abgestellt wird hierbei auf den Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs vorangegangen ist, also auf den Beginn des Beobachtungszeitraums A. War die Verlustgesellschaft zu diesem Zeitpunkt Organträger oder Mitunternehmer einer Personengesellschaft, ist die Anwendung von § 8d KStG ausgeschlossen. Wurde eine Mitunternehmer- oder Organträgerstellung hingegen vor Beginn des Beobachtungszeitraums A aufgegeben, kann § 8d KStG – sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind – angewandt werden.

Zu beachten ist allerdings auch, dass eine Mitunternehmer- bzw. Organträgerstellung auch nicht nach Beginn des Beobachtungszeitraums A begründet werden kann. Denn die erstmalige Begründung einer solchen Stellung stellt ein Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 KStG (ggf. innerhalb des Beobachtungszeitraums B) dar, welches wiederum zum Untergang des fortführungsgebundenen Verlustvortrags führt (vgl. Abschnitte zur Beteilgung an einer Mitunternhmerschaft und zur Einnahme der Stellung eines Organträgers).

Eine Mitunternehmerschaft i.S.d. Vorschrift sind dabei Mitunternehmerschaften i.S.d. §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 13 und 18 EStG (einschl. atypisch stiller Beteiligungen) sowie gewerblich infizierte und gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 EStG. Keine Mitunternehmerschaften stellen hingegen vermögensverwaltende Personengesellschaften und typisch stille Beteiligungen dar (BMF v. 18.03.2021, Rz. 39). Schädlich sollen der h.M. in der Literatur zufolge aber nur unmittelbare Beteiligungen an Personengesellschaften sein. Mittelbar über Tochtergesellschaften gehaltene Beteiligungen sollen nicht zur Anwendung des § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG führen.

Wie auch im Ausschlussfall des § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG führt die Anwendung der Nummer 2 dazu, dass – entgegen den Regelungen des § 8d Abs. 1 S. 1 KStG – weiterhin § 8c KStG anzuwenden ist, mit der Folge, dass sämtliche Verluste der Körperschaft nach Maßgabe des § 8c KStG untergehen.

Rechtsfolgen des § 8d KStG

§ 8d KStG eröffnet die Möglichkeit, Verluste trotz eines schädlichen Anteilseignerwechsel zu erhalten, indem er die Anwendung des § 8c KStG suspendiert. Durch die Suspendierung des § 8c KStG bleiben daher neben den Verlustvorträgen i.S.d. § 10d Abs. 4 EStG auch die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge i.S.d. § 10a GewStG sowie Zinsvorträge und Verlustvorträge der Einzelvorschriften erhalten.

Feststellung fortführungsgebundener Verlustvortrag

Der Erhalt der Verluste erfolgt, indem die Verluste, die grundsätzlich nach § 8c KStG untergehen würden, in so genannte fortführungsgebundene Verlustvorträge umgewandelt werden. Dieser fortführungsgebundene Verlustvortrag ist gesondert nach den Grundsätzen des § 10d Abs. 4 KStG festzustellen (§ 8d Abs. 1 S. 6, 7 KStG). Dementsprechend sind auch die Grundsätze der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG auf den fortführungsgebundenen Verlustvortrag anzuwenden (vgl. BMF v. 18.03.2021, Rz. 56).

In den fortführungsgebundenen Verlust werden dabei nach § 8d Abs. 1 S. 6 KStG die Verluste umgewandelt, die zum Ende des Veranlagungszeitraums des schädlichen Anteilserwerbs bestehen. Bei unterjährigen Anteilserwerbungen wird der fortführungsgebundene Verlust somit auch durch Verluste beeinflusst, die nach dem Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs liegen. Darüber hinaus wird eine Verrechnung von untergangsbedrohten Verlusten mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte im Veranlagungszeitraum, in dem der schädliche Beteiligungserwerb stattgefunden hat, ermöglicht.

Aufgrund dessen können die Verluste i.S.d. § 8d KStG der Höhe nach von den Verlusten i.S.d. § 8c KStG abweichen, da sich § 8c KStG stets auf die Verlusthöhe im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs bezieht – und nicht auf die Verluste zum Ende des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs.

Gem. Rz. 53 des BMF-Schreibens v. 18.03.2021 ist der festgestellte fortführungsgebundene Verlustvortrag zunächst nach den Vorgaben des § 10d Abs. 1 EStG zurückzutragen. Nur der nicht zurückgetragene Verlust wird sodann als fortführungsgebundener Verlust vorgetragen. Der fortführungsgebundene, vorgetragene Verlustvortrag ist sodann in den Folgejahren gem. § 8d Abs. 1 S. 8 KStG vorrangig vor einem – zu einem späteren Zeitpunkt entstandenen – Verlustvortrag i.S.d. § 10d Abs. 4 EStG mit Gewinnen der Verlustgesellschaft zu verrechnen.

Beispiel

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In Anlehnung an Beispiel 23 – BMF v. 18.03.21, Rz. 21:

Nachdem die Pleite GmbH im VZ 00 ein G.d.E. von 30.000 € erzielt hatte, erwirtschaftete sie im Jahr 01 einen Verlust i.H.v. 50.000 €. Zum 30.06.01 veräußerte der Alleingesellschafter Peter Pech 100% seiner Anteile an Emil Erfolg. Bis zu diesem Zeitpunkt belief sich der Verlust der Pleite GmbH auf 35.000 €. 

a) Die Pleite GmbH stellte im VZ 01 keinen Antrag nach § 8d KStG.

b) Die Pleite GmbH stellte im VZ 01 einen Antrag nach § 8d KStG.

Lösung:

a) Aufgrund dessen, dass kein Antrag nach § 8d KStG gestellt wird, gehen sämtliche Verluste der Pleite-GmbH die bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung entstanden sind, d.h. Verluste i.H.v. 35.000 €, unter. Ein Verlustrücktrag darf nach Verwaltungsauffassung nicht vorgenommen werden (vgl. Abschnitte zum unterjährign Beteiligungserwerb und zu den Verlusten). Von den Verlusten des VZ 01 bleiben der Pleite-GmbH somit nach Anwendung des § 8c KStG 15.000 € erhalten. Diese können nach § 10d Abs. 1 EStG in den VZ 00 zurückgetragen und mit den positivem G.d.E. von 30.000 € verrechnet werden.

b) Aufgrund dessen, dass ein Antrag nach § 8d KStG gestellt wurde, wird der zum Ende des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs bestehende Verlust in einen fortführungsgebundenen Verlust umqualifiziert. Dieser Verlust kann nach § 10d Abs. 1 EStG in das Vorjahr zurückgetragen werden. Mithin i.H.v. 30.000 €. Nur der übersteigende Teil i.H.v. 20.000 € wird als fortführungsgebundener Verlustvortrag in den VZ 02 vorgetragen. 

Gewerbesteuer

Nach § 10a S. 11 GewStG ist die Vorschrift des § 8d KStG auf Fehlbeträge i.S.d. § 10a GewStG entsprechend anzuwenden, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag i.S.d. § 8d KStG festgestellt wurde. Die Regelung gilt jedoch nicht für Gewerbeverlust einer Mitunternehmerschaft. Dies gilt auch dann, wenn an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Sollen Verluste nach § 8d KStG erhalten bleiben, ist der Antrag i.S.d. § 8d Abs. 1 S. 5 KStG immer einheitlich für die Körperschaft- und die Gewerbesteuer zu stellen. Besteht jedoch lediglich ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag – weil keine nicht genutzten körperschaftsteuerlichen Verluste nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG vorliegen – kann nach § 10a S. 12 GewStG auch rein für gewerbesteuerliche Zwecke ein Antrag für einen Verlusterhalt nach § 8d KStG gestellt werden.

Hinweis

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Aufgrund der Formulierung des § 10a S. 12 GewStG kann es sein, dass in besonders gelagerten Fällen trotz der Einführung des § 10a S. 12 GewStG die Anwendung des § 8d KStG für gewerbesteuerliche Verluste ausgeschlossen ist, wenn keine körperschafsteuerlichen fortführungsgebundenen Verluste bestehen.

Dies ist der Fall, wenn zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs ein körperschaftsteuerlicher Verlust i.S.d. § 8c KStG vorhanden war, dieser jedoch bis zum Ende des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs durch erwirtschaftete Gewinne „verbraucht“ wurde. Da § 8d KStG auf diesen Zeitpunkt abstellt, ist in diesen Fällen kein Verlust i.S.d. § 8d KStG vorhanden, für den nach § 8d Abs. 1 S. 5 KStG ein Antrag gestellt werden könnte. Gleichwohl bestand für die Verlustgesellschaft ein Verlust i.S.d. § 8c KStG. Da die Formulierung des § 10a S. 12 GewStG jedoch verlangt, das kein Verlust i.S.d. § 8c KStG bestand, ist ein Verlusterhalt nach § 8d KStG für rein gewerbesteuerliche Zwecke in diesen Fällen ausgeschlossen.

Untergang eines fortführungsgebundenen Verlustvortrag

Voraussetzung für die Nutzung fortführungsgebundener Verluste ist, dass der Geschäftsbetrieb der Körperschaft in den folgenden Jahren unverändert fortgeführt wird (§ 8d Abs. 2 KStG). Dabei muss es sich bei dem Geschäftsbetrieb um denselben Geschäftsbetrieb handeln, der bereits in dem Zeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs und in den 3 vorausgegangenen Veranlagungszeiträumen unverändert fortgeführt werden musste. Das Fortführungserfordernis gilt dabei ohne zeitliche Einschränkung.

Wird der Betrieb nicht mehr fortgeführt, geht der zuletzt festgestellte fortführungsgebundene Verlust des Vorjahres im Veranlagungszeitraum der Einstellung unter (§ 8d Abs. 2 Satz 1 KStG). Auf die vom Untergang bedrohten fortführungsgebundenen Verlustvorträge kann dabei die Verschonungsregel des § 8c Abs. 1 S. 5-8 KStG – also der Stillen-Reserve-Klausel – angewandt werden. Für die Ermittlung der stillen Reserven wird dabei auf den Veranlagungszeitraum, der dem schädlichen Ereignis vorausgegangen ist, abgestellt (§ 8d Abs. 2 S. 1 HS. 2 KStG).

Neben der Einstellung des Geschäftsbetriebs definiert § 8d Abs. 2 S. 2 KStG weitere Tatbestände, die ein schädliches Ereignis darstellen und damit zum Verlustuntergang des fortführungsgebundenen Verlustes führen. Bei der Aufzählung handelt es sich um eine abschließende Aufzählung. Neben der Einstellung des Geschäftsbetriebs stellen somit auch

  • die Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 1 KStG),
  • die Änderung der Zweckbestimmung des Geschäftsbetriebs (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KStG),
  • die Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs durch die Körperschaft (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 3 KStG),
  • die Beteiligung der Gesellschaft an einer Mitunternehmerschaft (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 4 KStG),
  • die Einnahme der Stellung eines Organträgers durch die Körperschaft (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KStG) oder
  • die Übernahme von Wirtschaftsgütern mit einem geringeren als dem gemeinen Wert (§ 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 6 KStG)

ein schädliches Ereignis dar.

Einstellung des Geschäftsbetriebs 

Die Einstellung des Geschäftsbetriebs stellt den Grundfall dar, der zum Wegfall des fortführungsgebundenen Verlustvortrags führt. Der Geschäftsbetrieb gilt dabei als eingestellt, wenn er nach den Grundsätzen der Betriebsaufgabe des § 16 Abs. 3 EStG als eingestellt gilt. Hierfür muss es eine Willensentscheidung geben, dass der bisherige Geschäftsbetrieb nicht mehr in der bisherigen Form fortgeführt wird. Dies ist der Fall, wenn die verbleibende Tätigkeit im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit nur noch unwesentlich ist. Dies ist wiederum gegeben, wenn sich der Umsatz im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit um mehr als 90% reduziert hat. Nur wenn die verbleibende Tätigkeit weiterhin bedeutsam ist, kann die Gesellschaft insoweit noch wirtschaftlich aktiv bleiben.

Stellt eine Verlustkörperschaft, deren einheitlicher Geschäftsbetrieb mehrere selbständige Betätigungen umfasste, eine der Tätigkeiten ein, führt dies nicht zu einem Untergang des fortführungsgebundenen Verlustvortrags, wenn noch mindestens eine Betätigung weiter ausgeführt wird.

Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs 

Eine Definition dessen, was eine Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs darstellt, existiert nicht. Allerdings gibt das BMF-Schreiben Ausführungen und Beispiele darüber, was nach Verwaltungsauffassung unter einer Ruhendstellung zu verstehen ist. Hiernach führt die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb – trotz der Möglichkeit der Fortführung – nicht fortzuführen, zu seiner Ruhendstellung. Das bedeutet, dass begründete vorübergehende Schließungen, bspw. aufgrund von Krankheit, nicht zu einer Ruhendstellung führen (BMF-Schreiben v. 18.03.2021, Rz. 26 ff.). 

Änderung der Zweckbestimmung des Geschäftsbetriebs 

Unter einer Änderung der Zweckbestimmung ist ein Branchenwechsel eines Betriebs zu verstehen. Ein Indiz dafür, dass es zu einem Branchenwechsel kommt, kann die Änderung der satzungsmäßigen Zweckbestimmung durch die Gesellschafter sein. Daneben liegt aber auch eine Änderung der Zweckbestimmung vor, wenn die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit der Verlustgesellschaft geändert wird. Merkmale hierfür können bspw. sein:

  • die Änderung des Produkt-/ Dienstleistungssortiment,
  • die Änderung des Kunden- und Lieferantenkreises oder 
  • eine Veränderung der Mitarbeiterstruktur, wobei entscheidend darauf abzustellen ist, ob die Mitarbeiter eine andere Qualifikation benötigen.

Passt das Unternehmen hingegen aufgrund eines Strukturwandels seine Betätigung an dauerhaft veränderte wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen an, wird die Anpassung nicht als ein schädlicher Branchenwechsel eingestuft, wenn ein Sach- und Förderungszusammenhang zur bisherigen Betätigung besteht (BMF-Schreiben v. 18.03.2021, Rz. 32).

Beispiel

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In Anlehnung an Beispiel 13/12 – BMF v. 18.03.21, Rz. 21:

Die V-GmbH produziert seit dem VZ 00 Kunststoffteile für die Automobilindustrie. 

a) Aufgrund einer Pandemie im VZ 10 fällt ein Großteil ihrer Aufträge weg, weshalb sie nunmehr Plexiglas-Schutzscheiben herstellt, um den Produktionsbetrieb aufrecht zu erhalten. Dabei nutzt sie die vorhandenen Technologien und Maschinen aus der Produktion der Kunststoffteile.

b) Aufgrund von Absatzproblemen,stellt sie im VZ 10 ihre Produktion ein und vertreibt nunmehr importierte Kunststoff-Kosmetik-Organizer in ihrem Online-Shop unter einem neuen Geschäftsnamen.

Lösung:         

a) Durch die zusätzliche Produktion der Plexiglas-Schreiben erweitert die V-GmbH temporär ihr Produktsortiment. Allerdings werden hierfür die bisherigen Basistechnologien und Maschinen der V-GmbH genutzt. Die Scheiben können dabei mit den bisherigen Qualifikationen der Arbeitnehmer hergestellt werden. Die kurzfristige Erweiterung des Produktsortiments stellt eine Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen dar, die in einem Förder- und Sachzusammenhang mit der ursprünglichen Betätigung steht. Es liegt somit keine schädliche Änderung der Zweckbestimmung des Geschäftsbetriebs vor.

b) Die Änderungen führen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu einer grundlegenden Umstellung des Geschäftsbetriebs. Sowohl der Geschäftsname als auch das Produktsortiment, der Kundenkreis und die Qualifikation der Arbeitnehmer werden durch die Umstellungen verändert. Das Geschäftsbild entspricht im Kern nicht mehr dem ursprünglichen Geschäftsbild. Aufgrund eines fehlenden Förder- und Sachzusammenhangs zu der früheren wirtschaftlichen Betätigung liegt eine schädliche Änderung der Zweckbestimmung vor.

Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs 

Die Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs wird in § 8d Abs. 2 S. 2 KStG als ein schädliches Ereignis definiert, da die Verrechnung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nur mit Gewinnen erfolgen soll, die aus demselben Geschäftsbetrieb erwirtschaftet werden, der auch die Verluste verursacht hat.

Ob ein zusätzlicher Geschäftsbetrieb aufgenommen wird, ist danach zu beurteilen, welche Tätigkeiten bislang unter dem Geschäftsbetrieb ausgeführt wurden und ob die zusätzliche Betätigung einen neuen Geschäftsbetrieb darstellt. Die Beurteilung dessen erfolgt nach den in im Abschnitt zur Fortführung des Geschäftsbetriebs beschriebenen Grundsätzen.

Unschädlich ist dabei jedoch stets die Aufnahme einer zusätzlichen Betätigung, wenn diese in einem Förder- und Sachzusammenhang mit dem vorhandenen Geschäftsbetrieb steht oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt. Wird eine neue, unabhängige Betätigung, die zunächst nicht ins Gewicht fiel, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch derart ausgeweitet, dass sie nicht mehr als unwesentlich zu beurteilen ist, führt dies ebenfalls zu einer schädlichen Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs. 

Umstrukturierungen sind immer dann schädlich, wenn hierdurch ein zusätzlicher, selbständiger Geschäftsbetrieb übernommen wird.

Ebenfalls schädlich ist eine Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs im Ausland, bspw. durch eine dort belegene Betriebsstätte, auch wenn tatsächlich keinerlei Verlustverrechnung der dort erwirtschafteten Gewinne mit den im Inland bestehenden fortführungsgebundenen Verlustvortrag möglich ist.

Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft 

Aus denselben Beweggründen wie bisher, stellt auch die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft ein schädliches Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 KStG dar. Denn durch die Mitunternehmerstellung würde eine Verrechnung des fortführungsgebundenen Verlusts aus der maßgebenden Geschäftstätigkeit mit Gewinnen aus der Mitunternehmerschaft ermöglicht werden. § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 4 KStG erfasst nur Vorgänge, in denen sich die Verlustgesellschaft neu/ erstmalig an einer Mitunternehmerschaft beteiligt. Wurde schon im Vorhinein eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft gehalten, wird die Anwendung von § 8d KStG bereits durch § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG ausgeschlossen.

Ob eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft gehalten wird, ist dabei nach denselben Grundsätzen, wie in dem Abschnitt zur Organträgerstellung oder Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (§ 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG) beschrieben, zu beurteilen. Schädlich sind also Beteiligungen an Mitunternehmerschaften, atypisch stillen Beteiligungen, gewerblich infizierten und gewerblich geprägten Personengesellschaften. In der Regel stellen daher Beteiligungen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften und typisch stillen Beteiligungen keine schädlichen Beteiligungen i.S.d. § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 4 KStG dar.

Einnahme der Stellung eines Organträgers 

Nimmt die Verlustgesellschaft die Stellung einer Organträgerin ein, stellt dies ebenfalls ein schädliches Ereignis dar, denn auch hier könnte eine Verrechnung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags mit dem Organschaftseinkommen der Organgesellschaft erfolgen. Wie bei der Einnahme einer Mitunternehmerstellung wird auch bei § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KStG nur die erstmalige Begründung einer Organträgerstellung erfasst. War die Verlustgesellschaft schon vorher Organträgerin oder wird die Organträgerstellung bereits im Beobachtungszeitraum begründet, ist die Anwendung von § 8d KStG bereits nach § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG ausgeschlossen.

Wird die Organschaft rückwirkend nicht anerkannt, ist die Anwendung von § 8d KStG nachträglich möglich, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 8d Abs. 1 KStG – insbesondere das Antragserfordernis – erfüllt sind.

Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die Körperschaft zu einem geringeren als dem gemeinen Wert 

Auch dieser Vorgang wurde aufgenommen, um missbräuchliche Gestaltungen zu vermeiden. Übernimmt die Verlustgesellschaft Wirtschaftsgüter zu einem geringeren als den gemeinen Wert, könnten zu einem späteren Zeitpunkt die aus diesen Wirtschaftsgütern realisierten stillen Reserven mit den fortführungsgebundenen Verlusten verrechnet werden. § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 6 KStG erfasst sowohl die Übernahme von Einzelwirtschaftsgütern als auch die Übernahme von Sachgesamtheiten durch die Verlustgesellschaft. Die Wirtschaftsgüter werden dabei zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts übertragen, wenn sie bei der Verlustgesellschaft zum Buch- oder Zwischenwert angesetzt werden.

Vorgänge, die zu einem schädlichen Ansatz führen, können dabei sein:

  • Verschmelzungs- und Spaltungsvorgänge auf die Verlustkörperschaft zum Buch- oder Zwischenwert; hierdurch können gleichzeitig weitere Tatbestände des § 8d Abs. 2 S. 2 KStG erfüllt werden.
  • Einbringungen nach § 20 UmwStG zum Buch- oder Zwischenwert; wobei auch hierdurch gleichzeitig weitere Tatbestände des § 8d Abs. 2 S. 2 KStG erfüllt sein können.
  • Führt ein Sperrfristverstoß i.S.d. § 22 Abs. 1 oder 2 UmwStG innerhalb des ersten Zeitjahres nach dem steuerlichen Übertragungsstichtags dazu, dass die Wirtschaftsgüter rückwirkend mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, stellt die vorangegangene Übernahme der Wirtschaftsgüter zu einem geringeren als dem gemeinen Wert kein schädliches Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 6 KStG dar.
  • Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern, wenn diese nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 S. 1 lit. a EStG mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gesellschafters zu erfolgen hat. Unschädlich ist hingegen, wenn die verdeckte Einlage des Wirtschaftsguts (zutreffend) mit dem Teilwert erfolgt, auch wenn dieser vom gemeinen Wert abweichen sollte.

Daneben kann von einer Schädlichkeit ausgegangen werden, wenn innerhalb des Betrachtungszeitraums ein weiterer schädlicher Erwerb im Sinne des § 8c Abs. 1 KStG stattfindet. Der fortführungsgebundene Verlust gehörte zu den ungenutzten Verlusten, die wie reguläre Verlustvorträge untergehen können. Eine Vermeidung wäre nur mit einem neuen Antrag im Sinne des § 8d KStG möglich.

 

Zusammenfassung

Die folgende Abbildung fasst noch einmal den Verlustabzug bei Körperschaften nach § 8d KStG zusammen.

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