ZU DEN KURSEN!

Körperschaftsteuer (Vertiefung) - Atypisch-Stille Beteiligung und Verluste

Kursangebot | Körperschaftsteuer (Vertiefung) | Atypisch-Stille Beteiligung und Verluste

Körperschaftsteuer (Vertiefung)

Atypisch-Stille Beteiligung und Verluste

Atypisch-Stille Beteiligung und Verluste

Dieses Kapitel setzt sich mit der Verhinderung von Verlustzuweisungen im Rahmen einer stillen Beteiligung an Körperschaften auseinander, da dies nach der Abschaffung der sogenannten „Mehrmütterorganschaft“ als Instrumentarium benutzt worden war, um dennoch eine entsprechende Verlustzuweisung zu erreichen. Die enthaltenen Regelungen sind insoweit im Kontext der Verlustabzugsbeschränkungen des EStG und KStG zu sehen. Insbesondere ist die Abgrenzung zu § 15a EStG von Bedeutung und wird daher gesondert erläutert.

Einführung

Vor dem Veranlagungszeitraum 2003 war es möglich, eine Organschaft mit mehreren Müttern zu betreiben. Dies erfolgte durch Bündelung der Beteiligungen in Form einer Personengesellschaft, damit die finanzielle Eingliederung erfüllt worden ist. Die einzelnen Mütter konnten dann anteilig über die Mitunternehmerschaft an den Verlusten der Organschaft partizipieren. Die Regelung war grundsätzlich von der Rechtsprechung anerkannt und wurde auch nicht als Gestaltungsmissbrauch beurteilt. Aus Sicht des Gesetzgebers war die Regelung jedoch nicht wünschenswert, sodass sie letztlich mit der Verschärfung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 KStG beendet wurde, in dem eine Personengesellschaft nur noch Organträgerin sein kann, wenn sie selbst eine gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt. Weiter wurde festgelegt, dass die finanzielle Eingliederung durch die Personengesellschaft unmittelbar selbst erfüllt werden muss und es nicht mehr reicht, wenn dies durch ihre Gesellschafter bzw. Mitunternehmer geschieht. Die Anteile müssen mehrheitlich im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehalten werden, sofern diese Organträgerin sein soll. 

Damit die Vorteile der Mehrmütterorganschaft trotz der entsprechenden Gesetzesverschärfung genutzt werden können, hat sich die Gestaltung durchgesetzt, dass sich die Kapitalgesellschaften nunmehr atypisch an der Zielgesellschaft beteiligen, wodurch eine Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG entsteht. Hierdurch werden die jeweiligen Mitunternehmer wieder in die Lage versetzt, dass ihnen Verluste der Kapital-Zielgesellschaft zugerechnet werden.

Zur Verhinderung einer solchen Gestaltung hat der Gesetzgeber § 15 Abs. 4 Satz 4-8 EStG geschaffen. Durch die Regelung ist es einer Kapitalgesellschaft verboten, Verluste, die sie aus einer atypisch stillen Gesellschaft, einer Unterbeteiligung oder einer anderen Innengesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft erzielt, mit anderen Einkünften zu verrechnen. Es ist zu beachten, dass die Regelung nur bei mittelbar oder unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaften zur Anwendung kommt, nicht jedoch bei natürlichen Personen (§ 15 Abs. 4 S. 8 EStG).

Erzielt die Mitunternehmerschaft Verluste, können diese nur noch mit Gewinnen aus dieser Beteiligung verrechnet werden.

Ein Verlust, der nach § 15 Abs. 4 S. 6 EStG nicht abzugsfähig ist, vermindert jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG etwaige Gewinne aus dieser Beteiligung des vorangegangenen oder der folgenden Jahre. Es handelt sich bei dem Verlust nach § 15 Abs. 4 EStG also um einen eigenen Verlustverrechnungskreis. Mit dem Verweis auf den § 10d EStG in § 15 Abs. 4 S. 7 EStG ergibt sich auch eine Beschränkung des Verlustvortrags nach Maßgabe des § 10d Abs. 2 EStG.

Die Regelung bedeutet für Verlustgesellschaften faktisch, dass die entsprechenden Verluste niemals genutzt werden können.

Verfügt eine Kapitalgesellschaft neben den Verlusten im Sinne des § 15 Abs. 4 EStG noch über reguläre Verlustvorträge im Sinne des § 10d EStG, ist eine getrennte Ermittlung des Verlustabzugs für jeden Verrechnungskreis durchzuführen. Wenn dann nach der Berechnung des Verlustvortrags nach § 15 Abs. 4 S. 7 EStG noch ein Gewinn aus der stillen Beteiligung verbleibt, wird dieser im Rahmen der Ermittlung des generellen Verlustvortrags berücksichtigt.

Auf Ebene der Mitunternehmerschaft wird die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns bzw. Verlusts i.S.d. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO ohne Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 6 EStG vorgenommen, da sich die Auswirkungen erst auf Ebene der Kapitalgesellschaft ergeben. Die entsprechenden Beträge werden dem zuständigen Finanzamt jedoch nachrichtlich mitgeteilt. Aufgrund der besonderen Art der Verluste werden diese im Rahmen des § 10d Abs. 4 EStG bei der Kapitalgesellschaft entsprechend gesondert festgestellt.

Die Verluste können ebenfalls nach Maßgabe des § 8c Abs. 1 S. 6 KStG untergehen. Kommt im Rahmen des Verlustuntergangs nach § 8c KStG die Stille-Reserve-Klausel zur Anwendung, gilt für sie entsprechend, dass nur stille Reserven, die auf die Mitunternehmerschaft entfallen, zu einer Verlustverschonung für Verluste im Sinne des § 15 Abs. 4 EStG führen können.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Die Spezialtiefbau AG ist atypisch still an der Tunnelbohr GmbH beteiligt. Im Jahr 00 erzielte die Spezialtiefbau GmbH, vor etwaigen Beteiligungseinkünften, ein Einkommen von 3 Millionen €, im Jahr 01 belief sich ihr Einkommen, vor etwaigen Beteiligungseinkünften, auf 5 Millionen €.

Aus ihrer Beteiligung an der Tunnelbohr GmbH erhielt sie zusätzlich im Jahr 00 einen Gewinn von 2 Millionen €. Im Jahr 01 bekam sie hingegen einen Verlust von 1 Millionen € zugewiesen.

Lösung

Für den Veranlagungszeitraum 00 ergibt sich für die Spezialtiefbau GmbH ein Einkommen von 4 Millionen €.

Grundsätzlich würde sich das laufende Einkommen im VZ 00 bei der Spezialtiefbau GmbH auf 5 Millionen € belaufen:

 

 Originäres Einkommen Spezialtiefbau GmbH3 Millionen €
+Beteiligungserträge2 Millionen €
=Einkommen5 Millionen €

Allerdings erzielt die Tunnelbohr GmbH im VZ 01 einen Verlust von 1 Million €. Dieser Verlust darf nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 S. 6 EStG nicht mit anderen Einkommen der Spezialtiefbau GmbH verrechnet werden, da es sich um Verluste einer Kapitalgesellschaft aus einer atypischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft handelt.

Demzufolge kann der Verlust der Tunnelbohr GmbH nur mit Gewinnen aus dieser Mitunternehmerschaft verrechnet werden. Mithin kann durch einen Verlustrücktrag im VZ 01 eine Verrechnung mit dem Gewinn des VZ 00 erfolgen. Hierdurch ergibt sich für die Spezialtiefbau GmbH für den VZ 00 folgendes Einkommen:

 

 Originäres Einkommen Spezialtiefbau GmbH3 Millionen €
+Beteiligungserträge (2 Millionen € (00) – 1 Million € (01))1 Million €
=Einkommen4 Millionen €

Bezug zu § 15a EStG

Die Regelung des § 15 Abs. 4 S. 6-8 EStG steht in Konkurrenz zur Regelung des § 15a EStG. Nach § 15a EStG können Verluste durch Kommanditisten nur genutzt werden, sofern durch die Verluste kein negatives Kapitalkonto entsteht, ansonsten greift die Verlustbegrenzung des § 15a EStG. Wenn ein Verlust nach § 15a EStG nicht abzugsfähig ist, dann ist er nur mit zukünftigen Gewinnanteilen aus der stillen Gesellschaft verrechenbar. Ein Sonderbetriebsvermögen spielt für die Anwendung des § 15a EStG keine Rolle, da in die Betrachtung des § 15a EStG nur das Kapital laut der Gesamthand eingeht. Eine Kapitalgesellschaft kann somit ihren Sonderbetriebsgewinn im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung versteuern müssen, obwohl ihr aus der Mitunternehmerschaft ein Verlust zuzurechnen ist.

Die Regel des § 15a EStG hat gegenüber der Regelung des § 15 Abs. 4 EStG Vorrang.

§ 15 Abs. 4 EStG kommt damit nur zum Tragen, wenn die Verluste keiner Beschränkung nach § 15a EStG unterliegen. Ist ein Verlust bereits nach § 15a Abs. 4 EStG lediglich verrechenbar, ist die Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 6-8 EStG für diesen Verlustanteil ausgeschlossen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Die Tiefbau GmbH ist in Form einer atypisch stillen Beteiligung an der Spezialtiefbau GmbH beteiligt. Die Haftsumme beträgt 1 Million €. Zum Sonderbetriebsvermögen der Tiefbau GmbH gehört eine Spezialwerkshalle, die an die Spezial Tiefbau GmbH vermietet ist. Aus der Überlassung des Grundstücks entsteht ein steuerlicher Gewinn von 250.000 €. Aus der atypischen Beteiligung selbst wird ein Verlust von 800.000 € erzielt. Der Vorgang findet im Veranlagungszeitraum 00 statt. Im Veranlagungszeitraum 01 erzielt die Tiefbau GmbH einen Gewinn von 250.000 € aus der atypisch stillen Beteiligung. Aus der Vermietung des Grundstücks ergibt sich ein Verlust von 50.000 €.

Im VZ 00 liegt kein Anwendungsfall des § 15a EStG vor, sodass der Verlust gemäß § 15a EStG grundsätzlich in voller Höhe mit anderen Einkünften verrechnet werden kann. Darüber hinaus ist jedoch auch noch § 15 Abs. 4 EStG zu prüfen. Der Verlust i.S.d. § 15 Abs. 4 EStG, der beim Gesellschafter nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden darf, beträgt 550.000 €. Er ergibt sich aus dem Gesamthandsverlust von 800.000 € und dem Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen der atypisch stillen Beteiligung.

Für den Veranlagungszeitraum 01 beträgt der Gewinn aus der atypisch stillen Beteiligung 200.000 €. Dieser Gewinn kann nunmehr mit dem gesondert festgestellten Verlust des § 15 Abs. 4 EStG aus dem VZ 00 verrechnet werden, weil die Einschränkung des § 10d Abs. 2 EStG dem nicht entgegensteht. Für den 31.12.01 verbleibt somit ein Verlustvortrag i.S.d. § 15 Abs. 4 EStG i.H.v. 350.000 €.

Die Hochbau AG ist mit einer Einlage von 1 Million € in Form einer atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe der Tiefbau GmbH beteiligt. Der Verlust aus der Beteiligung beträgt im Jahr 01 1,5 Million €. Ergebnisse aus dem Sonderbetriebsvermögen, das aus der Vermietung eines Grundstücks besteht, liegen für den Veranlagungszeitraum 01 nicht vor.

Im Veranlagungszeitraum 02 ergibt sich ein Verlustanteil von 2 Millionen €. Im Verlustanteil enthalten ist ein Gewinn aus der Vermietung des Grundstücks in Höhe von 500.000 €.

Lösung:

Im VZ 01 ist zunächst die Anwendung des § 15a EStG zu überprüfen. Hiernach ist ein Verlust i.H.v. 1 Million € grundsätzlich nach § 15a Abs. 1 EStG ausgleichsfähig. Der darüberhinausgehende Verlust i.H.v. 500.000 € ist hingegen nach § 15a Abs. 4 EStG nur verrechenbar, da sich insoweit das negative Kapitalkonto der Hochbau AG erhöht. Der verrechenbare Verlust i.H.v. 500.000 € kann nur mit zukünftigen Gewinnen aus der atypisch stillen Beteiligung verrechnet werden. Eine Verrechnung dieses Verlusts mit etwaigen Gewinnen aus Sonderbetriebsvermögen ist ebenfalls ausgeschlossen.

Nach den Vorgaben des § 15a Abs. 1 S. 1 EStG kann im VZ 01 somit ein Verlust i.H.v. 1 Million € genutzt werden. Allerdings muss zusätzlich überprüft werden, ob ein Abzug des Verlusts nach § 15 Abs. 4 EStG ausgeschlossen wird. Dies ist vorliegend der Fall, da der Verlust aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft resultiert. Er darf daher nur mit Gewinnen aus dieser Beteiligung verrechnet werden. In Höhe von 1 Million € ist somit ein Verlustvortrag i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 7 EStG festzustellen. Im VZ 01 kann damit insgesamt der Verlust von 1,5 Millionen € nicht berücksichtigt werden.

Für den Veranlagungszeitraum 02 ergibt sich ein Verlust aus der stillen Gesellschaft in Höhe von 2 Millionen €.

Zuerst ist für diesen Verlustanteil die Abzugsbeschränkung des § 15a EStG zu überprüfen. In Höhe von 2,5 Millionen € handelt es sich um einen verrechenbaren Verlust (des Gesamthandsbereichs) i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG, da sich durch ihn das negative Kapitalkonto der Hochbau AG erhöht. Insgesamt beläuft sich der verrechenbare Verlust i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG im VZ 02 somit auf 3 Millionen € (500.000 € aus dem VZ 01 + 2,5 Millionen € aus dem VZ 02).

Der Gewinnanteil des Sonderbetriebsvermögens von 500.000 € darf hingegen für Zwecke des § 15a EStG nicht mit dem verrechenbaren Verlust des § 15a Abs. 4 EStG verrechnet werden. Er kann also nur mit anderen Einkünften verrechnet werden, auch mit einem Verlust i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 6 EStG.

Im VZ 01 wurde ein verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 6 EStG i.H.v. 1 Million € nach Maßgabe des § 10d EStG festgestellt (§ 15 Abs. 4 S. 7 EStG). Dieser Verlust kann nunmehr mit dem Gewinn aus dem Sonderbereich verrechnet werden, da dieser Gewinn aus der atypisch stillen Beteiligung stammt. Im VZ 02 beläuft sich der festgestellte Verlust i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 6 EStG somit (nur noch) auf 500.000 €.

Der entsprechende Verlust ist auf Ebene der Hochbau AG festzustellen. Das Ergebnis aus der stillen Beteiligung wird für den Veranlagungszeitraum 02 in Form einer Kürzung berücksichtigt.