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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung)

Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis

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Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis

Einen Überblick über mögliche Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis stellen wir im folgenden Video dar:

Während eines Arbeitsverhältnisses können Leistungsstörungen durch den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer, einen Dritten oder auch durch bloßen Zufall verursacht werden, die die ordnungsgemäße Vollziehung des Arbeitsvertrages ganz oder teilweise verzögern, verhindern oder unmöglich machen können. Beispiele hierfür sind etwa Schuldner- oder Gläubigerverzug, höhere Gewalt oder Pflichtverletzungen durch andere Vertragspartner.

Beispiel

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Der Materiallieferant liefert keinen Nachschub, weil er seinerseits seinen Lieferanten nicht zahlen konnte und deswegen die bestellten Teile nicht produzieren konnte.

Ein Orkan verhindert, dass der LKW des Lieferanten rechtzeitig ankommt.

Der Arbeitnehmer hat aus Versehen einen Teil der Arbeitsmaschine zerstört, sodass während der Reparaturzeit von zwei Tagen an dieser Maschine nicht gearbeitet werden kann.

Auch hier kommen zwar weitgehend die allgemeinen Regelungen zur Anwendung, einige Besonderheiten hinsichtlich der Erfüllungsansprüche und der Schadensersatzansprüche gilt es aber zu beachten.

Ohne Arbeit kein Lohn

Verzug des Arbeitnehmers

Beispiel

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Ein Arbeitnehmer wird von der Polizei mit zahlreichen anderen Verkehrsteilnehmern an einer Straßensperre angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Er kommt daher erst mit mehrstündiger Verspätung an seinem Arbeitsplatz an. Wie wirkt sich diese Leistungsstörung auf das Arbeitsverhältnis und den Lohnanspruch aus?

Der Arbeitnehmer könnte sich hier in Verzug befinden, da er seine Arbeit nicht rechtzeitig aufgenommen hat. Die vereinbarte Leistung wird nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erbracht. Verzug setzt jedoch die Nachholbarkeit der Leistung voraus. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Leistung unmöglich ist; Verzug und Unmöglichkeit schließen sich gegenseitig aus. Bei der Pflicht des Arbeitnehmers, die versprochene Arbeit zu leisten, handelt es sich um eine absolute Fixschuld. Der Ausfall der Arbeitsleistung ist daher als Fall der Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB zu bewerten. Die Arbeit ist nicht – etwa an einem anderen Tag, an dem der Arbeitnehmer ohnehin arbeitet – nachholbar. Bei Untätigkeit wird sie mit Ablauf der für die Tätigkeit vorgesehenen Zeit unmöglich. Der Arbeitgeber kann deswegen vorliegend keinen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf die Nachholung der ausgefallenen Arbeitsleistung geltend machen. Dies hat nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich zur Folge, dass der Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfällt.

Beispiel

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Im obigen Beispielsfall, in dem weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer den Ausfall der Arbeitsleistung zu vertreten haben, gilt dieses Ergebnis. Der Arbeitnehmer hat das Wegerisiko zu tragen.

Aus § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB leitet sich der oft gebrauchte Merksatz „kein Lohn ohne Arbeit“ ab.

Unbezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht

Es kommt in der Praxis häufig vor, dass der Arbeitnehmer eine „Auszeit“ von der Arbeitsverpflichtung braucht, gerne auch „unbezahlter Urlaub“ genannt. Hauptsächlich geschieht dies aus persönlichen Gründen, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer kranke Familienangehörige pflegen oder beaufsichtigen muss, oder weil er sich „selbst verwirklichen“ will. Sie selbst kennen eine Freistellungsphase evtl. aus der Zeit Ihrer Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen.

Strikt nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung gegen den Arbeitgeber. Natürlich können die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer Vertragsfreiheit alles vereinbaren, worauf sie sich einigen können. Falls der Arbeitgeber auf die Wünsche des Arbeitnehmers aber nicht eingehen will, kann der Arbeitnehmer je nach Einzelfall auch unbezahlte Freistellung beanspruchen. Neben den später aufgeführten Fällen des Anspruchs auf bezahlte Freistellung („Lohn ohne Arbeit“) gibt es also auch Regelungen, die einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung begründen können. Die folgende nicht abschließende Aufstellung bezieht sich nur auf die gesetzlichen Regelungen. Es können aber gegebenenfalls auch Ansprüche aus Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag in Betracht kommen.

Elternzeit

Der bekannteste Fall der unbezahlten Freistellung dürfte die Elternzeit sein. §§ 15–21 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) bestimmen, unter welchen Bedingungen ein Anspruch auf Freistellung für Eltern besteht. Zunächst muss es sich bei dem zu betreuenden und zu erziehenden Kind (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 BEEG) um ein leibliches oder adoptiertes Kind oder ein Pflegekind oder ein anderes Kind i.S.d. § 1 Abs. 3 oder 4 BEEG handeln (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 BEEG). Anspruch auf Elternzeit können auch Großeltern haben, wenn kein Elternteil Ansprüche auf Elternzeit erhebt, das Enkelkind im Haushalt des Großelternteils lebt und dort von ihm betreut und erzogen wird und ein Elternteil minderjährig ist oder sich in Ausbildung gem. § 15 Abs. 1a Nr. 2 BEEG befindet (§ 15 Abs. 1a BEEG).

Die zeitlichen Horizonte der Elternzeit sind dezidiert in Abs. 2 der Vorschrift behandelt, den sie kurz überfliegen sollten.

§ 16 BEEG regelt die formelle Vorgehensweise, die die Eltern beachten sollen, wenn sie eine Freistellung nach dem BEEG erreichen wollen. Auch diese Norm sollten sie rasch querlesen. Das Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 BEEG erfordert die strenge Schriftform im Sinne von § 126 Abs. 1 BGB.

Erkranktes Kind

§ 45 Abs. 3, 5 SGB V sehen vor, dass Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung haben, wenn sie ein erkranktes Kind zu pflegen, zu beaufsichtigen oder zu betreuen haben, soweit nicht aus dem gleichen Grund ein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht.

Die Freistellung kann nach § 45 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 1 SGB V in Anspruch genommen werden, wenn die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des kranken, versicherten Kindes nach ärztlichem Attest erforderlich ist und keine andere Person aus dem Haushalt des Versicherten einspringen kann. Zudem darf das Kind nicht das 12. Lebensjahr vollendet haben. Bei älteren Kindern kommt ein Anspruch in Betracht, wenn sie behindert und auf Hilfe angewiesen sind. Insgesamt können Eltern für jedes Kind nach der bisherigen Regelung bis zu 10 Arbeitstage, maximal jedoch 25 Arbeitstage pro Jahr in Anspruch nehmen, § 45 Abs. 2 SGB V. Bei Alleinerziehenden verdoppelt sich der Anspruch.

Abweichend davon besteht der Anspruch auf Freistellung für das Jahr 2023 (infolge der Corona-Pandemie) für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Maximal besteht der Anspruch für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage.

Auch nach Ablauf der Sonderregelung für die Corona-Pandemie soll weiterhin eine erhöhte Anzahl von Tagen der Freistellung wegen einer Erkrankung der Kinder gesetzlich vorgesehen werden. Am 19. Oktober 2023 hat ein Gesetz den Bundestag passiert, wonach die Zahl für 2024 und 2025 auf jeweils 15 Tage pro Kind und Elternteil – ausgehend von dem Status nach Auslaufen der Sonderregelung – erhöht werden soll. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Des Weiteren wurde vom Bundesminister für Gesundheit angekündigt, dass ein ärztliches Attest zur Bestätigung der Krankheit des Kindes nicht mehr (wie jetzt) bereits am ersten Tag der Krankheit erforderlich sein soll, sondern erst ab dem vierten Tag.

§ 45 Abs. 4 SGB V (i.V.m. § 45 Abs. 3 SGB V) gewährt darüber hinaus einen erweiterten Anspruch auf Freistellung bei sterbenskranken Kindern, wobei hier nur ein Elternteil den Anspruch hat. Dieser ist allerdings nicht auf die in Abs. 2 genannten Arbeitstage begrenzt.

Hinweis

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Der aus den Gründen des § 45 SGB V freigestellte Arbeitnehmer steht nicht völlig ohne Einkommen da. Er hat Anspruch auf Krankengeld gegen seine Krankenversicherung.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach dem PflegeZG

§ 2 des Gesetzes über die Pflegezeit (PflegeZG) beinhaltet Regelungen über die Freistellung bei „kurzzeitiger Arbeitsverhinderung“. Darunter versteht das Gesetz das Recht, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstagen fernzubleiben, um für eine akute (!) Pflegesituation eine Lösung zu finden, § 2 Abs. 1 PflegeZG. Gemäß Abs. 3 der Vorschrift ist der Arbeitgeber nur zur Vergütungsfortzahlung verpflichtet, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen ergibt.

Pflegezeit nach dem PflegeZG

§ 3 des PflegeZG verpflichtet Arbeitgeber zur Freistellung von Arbeitnehmern, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Voraussetzung für den Anspruch ist außerdem, dass der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, § 3 Abs. 1 S. 2 PflegeZG. Die Pflegezeit beträgt maximal sechs Monate, § 4 Abs. 1 PflegeZG.

Hinweis

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Die Pflegezeit darf nicht mit der Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) verwechselt werden. Dieses zum 1.1.2012 in Kraft getretene Gesetz regelt die Arbeitszeitverringerung bei der Pflege von nahen Angehörigen. Die Familienpflegezeit muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, das Gesetz sieht keinen Anspruch des Arbeitnehmers vor.

Freistellung aus Gründen der Fürsorgepflicht

In sehr seltenen Fällen könnte auch an einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber aus der Fürsorgepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB, gegebenenfalls i.V.m. § 242 BGB, zu denken sein, wenn dem Arbeitnehmer das Erscheinen am Arbeitsplatz unzumutbar ist, es aber gleichzeitig unbillig wäre, dem Arbeitgeber die Weiterzahlung des Lohns zuzumuten.

Lohn ohne Arbeit

In den folgenden Fällen besteht der Anspruch auf Arbeitsentgelt trotz Nichtleistung der Arbeit.

Mutterschaftsentgelt

Während eines Beschäftigungsverbots wegen Schwangerschaft kann die werdende Mutter unter Umständen vom Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts verlangen, §§ 18 ff. MuSchG.

Erholungsurlaub und gesetzliche Feiertag

Während des Erholungsurlaubs oder an gesetzlichen Feiertagen ist der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit verpflichtet, behält jedoch seinen Anspruch auf Lohnzahlung, § 11 BUrlG, § 2 EFZG. Das Bundesurlaubsgesetz regelt nur den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. In der Praxis werden die gesetzlichen Regelungen sehr häufig durch Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen ergänzt.

Anspruch auf bezahlte Urlaubstage haben nicht nur die klassischen Arbeitnehmer, sondern auch Auszubildende und arbeitnehmerähnliche Personen, außerdem Heimarbeiter (§§ 2, 12 BUrlG).

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage, § 3 Abs. 1 BUrlG. Um Missverständnisse zu vermeiden, stellt § 3 Abs. 2 BUrlG klar, dass lediglich Sonn- und Feiertage nicht als Werktag gelten. Nach dem BUrlG berechtigte Personen haben also vier volle Wochen im Kalenderjahr Urlaub. Wer samstags nicht arbeitet, hat damit umgerechnet „nur“ 20 Urlaubstage pro Kalenderjahr.

Sonderregelungen gibt es hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs für Jugendliche (§ 19 JArbschG) und schwerbehinderte Menschen (§ 125 SGB IX). Diesen Personengruppen steht ein höherer gesetzlicher Mindesturlaub zu.

Der volle Urlaubsanspruch steht dem Arbeitnehmer erst nach einem halben Jahr zu, § 4 BUrlG.

Die Lage des Urlaubs legt der Arbeitgeber fest. Das BUrlG sieht in § 7 Abs. 1 S. 1 hierzu lediglich vor, dass der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers „berücksichtigen“ muss. Die Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer können jedoch vorrangig sein, § 7 Abs. 1 S. 2 BUrlG.

Der Urlaubsanspruch ist zwar gesetzlich garantiert und der Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 13 BUrlG vor schlechteren Regelungen geschützt. Dennoch kann der Anspruch auch verfallen. Hierzu regelt § 7 Abs. 3 BUrlG, dass im laufenden Kalenderjahr nicht genommener und gewährter Urlaub nur aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen (aus Arbeitnehmersicht) auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden darf. Zeitliche Grenze ist der 31.3. des Folgejahres. Danach kann der Arbeitnehmer die Gewährung der nicht verbrauchten Urlaubstage grundsätzlich nicht mehr verlangen.

Allerdings hat es in letzter Zeit einige Änderungen in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gegeben, die auf Änderungen auf Ebene der europarechtlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückzuführen sind. Der EuGH hatte entschieden, dass es unionsrechtswidrig ist, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch dadurch verliert, dass er keinen Urlaubsantrag eingereicht hat. Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden jetzt rechtzeitig schriftlich darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums, also zum 31. März des Folgejahres, in vollem Umfang genommen werden muss und er ansonsten mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Die Beweislast dafür, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer informiert hat, trägt der Arbeitgeber.

§ 7 Abs. 4 BUrlG sieht vor, dass der Arbeitgeber den Urlaub abzugelten (umgangssprachlich: auszubezahlen) hat, soweit er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden konnte. Der Urlaubsanspruch wandelt sich hier in einen Zahlungsanspruch um.

Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall

§ 3 Abs. 1 S. 1 EFZG verpflichtet den Arbeitgeber, das Arbeitsentgelt während krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers fortzuzahlen. Dem Arbeitnehmer sollen keine finanziellen Einbußen daraus entstehen, dass er unverschuldet daran gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Er behält seinen Lohnanspruch unter den folgenden Voraussetzungen des § 3 EFZG: Erste Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis im Krankheitsfall mindestens seit vier Wochen besteht, § 3 Abs. 3 EFZG („Karenzfrist“).

Merke

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Krankheit im medizinischen Sinne ist jeder regelwidrige körperliche oder geistige Zustand, egal, auf welcher Ursache er beruht.

Hinweis

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Keine Krankheit in diesem Sinne ist die Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin. Diese gilt nicht als „regelwidriger Körperzustand“, sondern ist ein Zustand, der prinzipiell nicht die Erwerbstätigkeit hindert. Etwas anderes gilt nur bei einem regelwidrigen Verlauf der Schwangerschaft. Die Gehalts- und Lohnfortzahlungsansprüche richten sich hier nach den Vorschriften des MuSchG, insbesondere nach den §§ 11, 13 MuSchG.

Nicht jede Krankheit führt aber zugleich zur Arbeitsunfähigkeit.

Merke

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Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, die ihm nach dem Arbeitsverhältnis obliegende Arbeit zu verrichten oder sie nur auf die Gefahr hin ausüben kann, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert.

Ob das zutrifft, ist immer mit Blick auf die konkret zu verrichtende Tätigkeit und das Berufsbild zu beurteilen.

Beispiel

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Die Schreibkraft mit einer gebrochenen Hand kann nicht mehr tippen, ist daher arbeitsunfähig. Der Sprachendozent mit der gleichen Verletzung kann aber weiterhin lehren, sodass eine Arbeitsunfähigkeit allein wegen der eingegipsten Hand grundsätzlich zu verneinen ist.

Die Arbeitsunfähigkeit muss ferner ursächlich für den Arbeitsausfall sein. Wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs eintritt, geht § 3 EFZG dem § 9 BUrlG vor. Das bedeutet, dass die Tage der Arbeitsunfähigkeit behandelt werden, als hätte der Arbeitnehmer keinen Urlaub gehabt. Eine Anrechnung dieser Tage auf den Urlaubsanspruch scheidet also aus.

Tritt die Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Verschuldens des Arbeitnehmers ein, entsteht kein Anspruch aus § 3 EFZG auf Lohnfortzahlung. Unter Verschulden fällt grundsätzlich nach § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. Im Rahmen des EFZG ist jedoch eine Besonderheit zu beachten: Es besteht Einigkeit darüber, dass der Verschuldensmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB nicht gilt.

Merke

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Ein Verschulden im Sinne des § 3 EFZG wird vielmehr nur dann angenommen, wenn der Arbeitnehmer „in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse zu erwartenden Verhaltensweisen verstößt“, sodass das Abwälzen der Folgen auf den Arbeitgeber unbillig wäre.

Es wäre mit Blick auf den Grundsatz des Sozialstaats unerträglich, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einfacher Fahrlässigkeit sein Recht auf Entgeltfortzahlung verlieren würde. Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer seine Freizeit beliebig gestalten. Nur bei unverständlichem, leichtfertigem Verhalten ist es unbillig, den Arbeitgeber mit den wirtschaftlichen Folgen des Arbeitsausfalls zu belasten.

Gesprochen wird hier von einem groben „Verschulden gegen sich selbst“.

Beispiel

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Der Arbeitnehmer hat die Sicherheitsgurte nicht angelegt und wird bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Wenn das Nichtanschnallen sich auf die Unfallfolge ausgewirkt hat, entfällt der Entgeltfortzahlungsanspruch. Kein Verschulden wird angenommen in diesen Fällen: Der Unfall ist beim einfachen Freizeitsport passiert; der Arbeitnehmer hat einen Selbstmordversuch unternommen; Alkoholabhängigkeit.

Ein besonderer Fall der „selbstverschuldeten“ Arbeitsunfähigkeit hat durch eine Gesetzesänderung im August 2012 seinen Niederschlag im EFZG gefunden. Dieses wurde um den § 3a ergänzt. Darin wird klargestellt, dass ein Arbeitnehmer auch dann einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung hat, wenn er ein Organ gespendet hat und infolgedessen arbeitsunfähig ist (§ 3a Abs. 1 EFZG).

Der Arbeitgeber kann wiederum seine Ausgaben bei der Versicherung des Organempfängers geltend machen, § 3a Abs. 2 EFZG. Liegen die anspruchsbegründenden Voraussetzungen vor, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen, § 3 Abs. 1 S. 1 letzter Hs. EFZG. Wird der Arbeitnehmer in Folge wieder arbeitsunfähig krank, so ist zwischen Fortsetzungserkrankung, d.h. wiederkehrende gleiche Erkrankung in kurzen zeitlichen Abständen, und Wiederholungserkrankung – bei verschiedenen Erkrankungen – zu unterscheiden, § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG.

Bei der Fortsetzungserkrankung hat der Arbeitgeber in der Regel nur einmal die sechs Wochen Fortzahlung zu leisten, es sei denn, es sind zwischen den Erkrankungen zwölf Monate verstrichen, § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EFZG.

War der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht in Folge derselben Krankheit arbeitsunfähig, so verliert er wegen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EFZG.

§ 7 Abs. 1 EFZG regelt ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Entgeltfortzahlung. Solange der Arbeitnehmer seinen dort genannten Verpflichtungen aus § 5 EFZG (Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Mitteilungen nach § 5 Abs. 2 EFZG) nicht nachkommt, kann er vom Arbeitgeber keine Bezahlung erwarten. Gesetzlich vorgesehen ist, dass eine länger als drei Kalendertage währende Arbeitsunfähigkeit nachweispflichtig ist. Der Arbeitgeber kann jedoch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher verlangen, § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG.

Die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts ergibt sich aus § 4 EFZG. Gem. § 4 Abs. 1 EFZG ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Mit anderen Worten muss der Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit genau das Entgelt zahlen, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wäre er arbeitsfähig zur Arbeit erschienen.

Beispiel

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Arbeitnehmer A fehlt krankheitsbedingt eine Woche. Normalerweise arbeitet er 8 Stunden am Tag. Er erhält also Arbeitsentgelt für 40 Stunden.

Nicht hinzugerechnet werden Entgelte für Überstunden oder z.B. Fahrtkostenerstattungen, § 4 Abs. 1a EFZG.

Unmöglichkeitsentgelt

Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfällt in systematischer Ausnahme zu § 326 Abs. 1 S. 1 BGB nach § 326 Abs. 2 S. 1 BGB auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, aufgrund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, oder der vom Arbeitnehmer nicht zu vertretene Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welchem der Arbeitgeber im Verzug der Annahme ist.

Beispiel

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Der Arbeitgeber A hat keine Lust, in die Firma zu gehen und das Büro aufzuschließen. Da sonst kein Arbeitnehmer einen Schlüssel hat, können die Arbeitnehmer nicht das Gebäude betreten und ihre Arbeit verrichten.

Vorrübergehende Verhinderung nach § 616 BGB

War der Arbeitnehmer durch einen in seiner der Person liegenden, von ihm aber unverschuldeten Grund an der Arbeitsleistung verhindert, so bleibt nach § 616 BGB die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung davon unberührt. Allerdings gilt dies nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ (§ 616 S. 1 BGB). Bezugspunkt dabei ist die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses. Grundsätzlich werden aber nur Arbeitsverhinderungen von wenigen Tagen von dieser Vorschrift erfasst. Die Vorschrift ist damit lex specialis zu § 275 Abs. 3 BGB („persönliche Unmöglichkeit“).

Merke

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Verhindert in diesem Sinne ist der Arbeitnehmer, wenn ihm die Leistung z.B. aufgrund familiärer Ereignisse nicht zumutbar ist.

Beispiel

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Die Mutter des Arbeitnehmers ist schwer erkrankt, muss rund um die Uhr betreut werden. Bis der Arbeitnehmer die nötigsten Vorkehrungen getroffen hat (Pflegekraft suchen etc.), darf er der Arbeit fernbleiben. Dies gilt natürlich nicht unbeschränkt. Drei Tage bis eine Woche sollten in der Regel jedoch möglich sein, zumindest wenn das Arbeitsverhältnis schon mehrere Jahre lang besteht.

Annahmeverzug des Arbeitgebers

Gemäß § 615 S. 1 Hs. 1 BGB, der gegenüber § 326 Abs. 2 BGB als speziellere Norm den Vorrang hat, ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Arbeitsentgelt während seines Annahmeverzugs fortzuzahlen. Der Arbeitnehmer wird von der Verpflichtung zur Leistung befreit, § 615 S. 1 BGB. Er muss sich jedoch nach § 615 S. 2 BGB Ersparnisse sowie dasjenige anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste zu erwerben böswillig unterlässt. Die Beweislast dafür liegt nach den allgemeinen Regeln beim Arbeitgeber, weil er sich auf einen für ihn günstigen Umstand beruft.

Annahmeverzug setzt zunächst grundsätzlich das tatsächliche Leistungsangebot des Schuldners voraus, § 293 BGB. Das heißt, der Schuldner muss die Leistung zur rechten Zeit, am rechten Ort in der richtigen Art und Weise anbieten. Nach Maßgabe des § 294 BGB reicht auch ein wörtliches Angebot aus.

Beispiel

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Arbeitnehmer AN kann aufgrund eines Stromausfalls nicht arbeiten. Es genügt, wenn er dem Arbeitgeber AG am Telefon zusichert, dass er zur Arbeit bereitsteht. Er muss nicht in der Firma warten, bis der Strom wieder fließt.

Zu beachten ist, dass nach Rechtsprechung des BAG das Angebot im gekündigten Arbeitsverhältnis regelmäßig entbehrlich ist, § 296 BGB. Die Arbeitsleistung ist nämlich nach dem Kalender bestimmt. Es obliegt dem Arbeitgeber, den Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Eine Verweigerung dieser Pflicht ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber deutlich zum Ausdruck bringt, der Arbeitnehmer brauche nicht zu arbeiten.

Beispiel

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Arbeitgeber A hat dem Arbeitnehmer B gekündigt unter dem Hinweis, er solle ihm nie wieder unter die Augen treten. B darf ohne Einkommenseinbuße bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu Hause bleiben und muss nicht zusätzlich ausdrücklich seine Arbeitsbereitschaft zur Verfügung stellen.

Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist

In der Praxis kommt es oft vor, dass der Arbeitnehmer nach einer Kündigung nicht mehr in den Räumen des Arbeitgebers erwünscht ist. Gesetzlich ist die Lage recht einfach: Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung gegen den Arbeitgeber.

Hat dieser sich jedoch im Arbeitsvertrag die Möglichkeit vorbehalten, den Arbeitnehmer durch einseitige Willenserklärung freizustellen, kann er davon auch Gebrauch machen (ggf. muss hier die Klausel einer AGB-Prüfung standhalten). Oft wird auch die Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist einvernehmlich geregelt. In beiden Fällen verbleibt es in der Regel beim Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, selten sind jedoch auch unbezahlte Freistellungen denkbar.

Die Freistellung kann widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet sein. Widerruflich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber die Dienste des Freigestellten bei Bedarf wieder anfordern kann, die Freistellung also nicht endgültig ist.

Betriebsrisiko, § 615 S. 3 BGB

Kann der Arbeitgeber die Leistung aufgrund von Störungen im Betriebsbereich, z.B. Stromausfall im Betrieb, unverschuldet nicht annehmen, so trägt dieses Risiko der Arbeitgeber.

Grundsätzliche Folge wäre nach dem oben Gesagten eigentlich, dass der Arbeitnehmer nach der Regelung des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB seinen Lohnanspruch verliert. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitgeber den Betrieb leitet und ihm der Gewinn zusteht, ist es aber gerechtfertigt, ihm auch das Risiko der Betriebsstörung anzulasten. Diese „Lehre vom Betriebsrisiko“ ist in § 615 S. 3 BGB verankert. Wenn sogar das Betriebsrisiko nach § 615 S. 3 BGB zu Lasten des Arbeitgebers geht, so hat er erst recht das sog. Wirtschaftsrisiko zu tragen, also das Risiko, die vereinbarte Vergütung zu zahlen, obgleich die geschuldete und mögliche Leistung wirtschaftlich sinnlos geworden ist.

Beispiel

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Aufgrund eines plötzlichen Kälteeinbruchs versagt im Unternehmen des Arbeitgebers A das Heizungssystem. Das Unternehmen muss deswegen einen ganzen Tag geschlossen bleiben. Der Arbeitgeber muss den Lohn fortzahlen, weil er das Betriebsrisiko trägt.

Eine Ausnahme ist aber dann zu machen, wenn die Betriebsstörung auf einer Arbeitskampfmaßnahme beruht.

Beispiel

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Arbeitgeber A wird von der Hälfte seiner Mitarbeiter bestreikt. Arbeitnehmer B kann nicht arbeiten, weil die von ihm zu verarbeitenden Teile normalerweise von einem streikenden Kollegen hergestellt werden. Da dieser streikt, bekommt B keinen Nachschub, kann nicht weiterarbeiten.

Dem Arbeitnehmer wird dasjenige Risiko zugewiesen, das durch Ereignisse und Handlungen verursacht wird, die auf Arbeitskampfmaßnahmen zurückzuführen sind („Arbeitskampfrisiko“).

Dies ist nur für die nicht streikenden Arbeitnehmer bedeutsam. Während eines rechtmäßigen Streiks sind bei den Streikenden die arbeitsvertraglichen Pflichten suspendiert, das heißt, es wird weder Lohn noch Arbeit geschuldet. Nach der heute herrschenden „Lehre vom Arbeitskampfrisiko“ trägt der Arbeitnehmer das Arbeitskampfrisiko nur eingeschränkt: Ist dem Arbeitgeber eine Beschäftigung der nicht streikenden Arbeitnehmer durch Arbeitskampfmaßnahmen unmöglich oder unzumutbar, sind diese also wegen des Arbeitskampfes beschäftigungslos, erhalten sie keinen Lohn, wenn der Betrieb direkt oder ein Zu- bzw. Anlieferbetrieb der gleichen Branche des umkämpften Tarifraums bestreikt wird. Branchenübergreifend gilt das in der Regel also nicht, sondern nur dann, wenn Fernwirkungen des Arbeitskampfs das Kräfteverhältnis der kampfführenden Parteien beeinflussen können.

Beispiel

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Der Betrieb des A steht still, weil sein Teilezulieferer T bestreikt wird, T gehört derselben Branche und demselben Arbeitgeberverband wie A an.